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Zum Tode von Jorge Gomondai

Der in Mosambik geborene Jorge João Gomondai kam 1981 als Vertragsarbeiter in die DDR. Er starb am 6. April 1991 im Alter von 28 Jahren an den Folgen eines rassistischen Übergriffs.

Gedenkstein für Jorge Gomondai
Gedenkstein für Jorge Gomondai
Jorge Gomondai, geboren 1962 in Chimoio, Mosambik, kam 1981, mit 18 Jahren als Vertragsarbeiter in die DDR. Er arbeitete im Schlachthof Dresden und wohnte in einer Wohnung in der Holbeinstraße. In der Nacht zum Ostersonntag 1991 stieg Gomondai in der Dresdner Neustadt in den letzten Wagen einer Straßenbahn.

Es war etwa 4 Uhr nachts, als am Albertplatz eine Gruppe von ca. 14 erkennbar rechtsgerichteten Jugendlichen den gleichen Wagen betrat. Sofort wurde Gomondai rassistisch beleidigt und angegriffen. Etwa 150 Meter nach Verlassen der Haltestelle bemerkte die Straßenbahnfahrerin, dass während der Fahrt im letzten Wagen eine Tür geöffnet wurde.

Sie bremste die Bahn ab, stieg aus und fand Jorge Gomondai neben den Gleisen blutend am Boden liegen. Der 28-Jährige verstarb nach fast einer Woche am 6. April 1991 an den Folgen seiner Kopfverletzungen. Sein Sarg wurde nach Mosambik überführt.

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Erinnerung an Jorge Gomondai am Albertplatz
Erinnerung an Jorge Gomondai am Albertplatz

Am 11. April 1991 wurde Gomondai bei einem Trauergottesdienst in der Kreuzkirche gedacht. Anschließend zogen etwa 7.000 Besucher des Gottesdienstes zu der Stelle zwischen Hauptstraße und Albertplatz, an der Gomondai aus der Straßenbahn gestoßen worden war.

Neonazis waren sich nicht zu blöde, diesen Trauerzug zu stören, zeigten ihre gestreckten Armen riefen „Sieg-Heil“ aus einer vorbeifahrenden Bahn. Am Trauerzug beteiligte Autonome ließen sich zu einer Hetzjagd hinreißen.

Jorge-Gomondai-Platz

Seit 2007 trägt der Platz zwischen Albert-Platz und Hauptstraße den Namen Gomodais (Neustadt-Geflüster vom 30. März 2007).

Einweihung des Jorge-Gomondai-Platzes 2007
Einweihung des Jorge-Gomondai-Platzes 2007

Dresden gedenkt Gomondai

Heute legt der Erste Bürgermeister Detlef Sittel (CDU) einen Kranz am Jorge-Gomondai-Platz nieder. „Es ist wichtig, die Erinnerung an Jorge Gomondai wach zu halten und damit ein eindeutiges Zeichen der Solidarität mit Betroffenen von Rassismus und rassistischer Gewalt zu setzen“, so der Bürgermeister.

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Darüber hinaus gibt es zwei digitale Gedenk-Angebote:

Ab 16 Uhr ist auf der Seite www.auslaenderrat.de ein QR-Code für den einstündigen, individuellen „Kritischen Mahngang“ zum Gedenken an Jorge Gomondai erhältlich, Voraussetzungen dafür sind ein Smartphone oder Tablet, Kopfhörer, digitale Daten und die kostenlose App Actionbound auf dem Gerät. Auch in der App wird der QR-Code verfügbar sein, zu finden unter „Critical walk zum 30. Todestag von Jorge Gomondai“.

19 Uhr beginnt ein digitaler Workshop zum Thema „Institutioneller Rassismus – Zeit gehört zu werden!“. Nach einer Anmeldung unter dem Link tud.link/uzn2 berichten Migrantinnen und Migranten darüber, welche Folgen institutioneller Rassismus haben kann.

Wegen der derzeitigen Pandemielage muss die für 18 Uhr vom Ausländerrat Dresden e. V. geplante öffentliche Gedenkkundgebung am Jorge-Gomondai-Platz zum Abschluss der diesjährigen Internationalen Wochen gegen Rassismus ausfallen. Blumen können an diesem Tag aber jederzeit und individuell am Gedenkstein abgelegt werden.

Portrait zu Jorge João Gomondai

Auf der Seite gegenuns.de ist ein spannenden Portrait über Jorge João Gomondai zu lesen bzw. anzuschauen. gegenuns.de ist ein Gemeinschaftsprojekt des Verbands der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt e. V. und der Opferberatung „Support“ des RAA Sachsen e. V.

Gedenkstein für Jorge Gomondai
Gedenkstein für Jorge Gomondai

5 Kommentare

  1. Ein wirklich dunkles Kapitel, was einen zutiefst beschämt. Wir gehen so oft über den Platz und es trifft einen immer noch bis ins Mark.

  2. Ausländerrat und Sittel können sich Ihr geheucheltes Mitleid sparen. Das ganze Jahr kümmert sich keiner um diesen Gedenkstein. Da liegt über Monate (Menschl.) Ausscheidungen direkt auf dem Stein. Aussage der Stadt Dresden “Wenn Sie das stört machen Sie es doch wech” Wenn jemand wirklich an jemanden denkt schaut man öfters danach und knallt nicht nur 1x im Jahr ein paar Blumen hin, sondern kümmert sich regelmäßig.

  3. Ja. Der Prozess endete im Oktober 1993 mit der Verurteilung von drei Angeklagten: Der Hauptangeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die zwei Mitangeklagten erhielten eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie eine Geldstrafe. Weitere Infos in der Wikipedia. Einen interessanten Hintergrund, auch zu den damaligen Ermittlungen gibt es in einem Bericht des Deutschlandfunks.

  4. Das war meine erste „Demo“, damals 1991 vor der Kreuzkirche, da war ich 10 Jahre alt und meine Eltern haben mich mitgenommen. 1991 war auch das Jahr wo ich täglich mit der Straßenbahn am „Faun Palast“ vorbei zur Schule gefahren bin. Dort standen eine Weile bei Wind und Wetter drei kümmerliche Nazigestalten mit Bomberjacke, Bierflasche und Baseballschläger Mahnwache. Dresden war für mich damals irgendwie zweigeteilt… Die Neustadt als alternatives buntes Viertel und dann „die Stadt der verlorenen Kinder“… Naziplatte Prohlis und Gorbitz… Sehr eigenartige Zeit damals für mich als Bub.

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