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Zierwerk Barock: Die Zeitreisenden

Anke Strobel und Amber McPherson von “Zierwerk Barock” erwecken mit jahrhundertealten Instrumenten Melodien aus dem Dornröschenschlaf. Besonders in der Krise ist ihre Musik nicht nur Beiwerk, sondern Stütze.

Anke Strobel und Amber McPherson sind "Zierwerk Barock". Foto: PR
Anke Strobel und Amber McPherson sind “Zierwerk Barock”. Foto: PR

Anke Strobel hebt ihre 250 Jahre alte Violine an den Hals – nicht ans Kinn, denn im Gegensatz zu ihren modernen Geschwistern ist am Korpus des Instruments keine Stütze angebracht. “Dadurch wird die Geige nicht festgeklemmt”, erläutert die Musikern. In den Schultern bildet sich weniger Spannung, der Körper kann flexibler mit dem Spiel mitgehen. Dafür können die Finger nicht so schnell am Hals der Geige nach oben greifen. Aber auf sehr hohe Töne muss die betagte Violine ohnehin sanft vorbereitet werden.

Die Saiten der Barockgeige sind aus Darm gefertigt und nicht mit Metall umwickelt. Das wirkt sich auf den Klang aus. Er ist leiser, dunkler und sanfter als der moderner Geigen. Wenn der Bogen über die Saiten gleitet, überglänzt Anke Strobels Gesicht ein entrückter Ausdruck. Sie sagt: “Manchmal denke ich, meine Geige hat das ja alles schon einmal gespielt. Sie kann mir das zuflüstern.”

In dem Saal neben dem Gartenhaus soll ein neuer Kulturort entstehen. Foto: Philine
In dem Saal neben dem Gartenhaus soll ein neuer Kulturort entstehen. Foto: Philine

Das Gartenhaus neben der Bachstraße

In dem gelben Gartenhaus neben der Mühlenbäckerei am Bischofsweg, passenderweise in direkter Nachbarschaft zur Bachstraße, ist “Zierwerk Barock” beheimatet. Hier befinden sich auch die Schulräume, in denen Anke Strobel unterrichtet. Vor den Fenstern ein verschneiter, verwunschener Garten. Im Inneren Notenständer, ein Cembalo, Klavierhocker. Und die Tür zu einem Saal, der sich bald in neuem Glanz öffnen soll.

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Neue Liebe zu alter Musik

Anke Strobel lernte das Geigenspiel schon als Kind, wurde schnell als talentiert erkannt, studierte Violine und Rhythmik an der Hochschule für Musik in Dresden, unterrichtete an Musikschulen und gab musikalische Früherziehung. Seit 1993 gibt sie Privatunterricht. Etwa in dieselbe Zeit fällt das Entflammen ihrer Liebe zu alter Musik.

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Barock – das klingt nach steifer Etikette, gepuderten Perücken und Hofgeplänkel. Anke Strobel und Amber McPherson verbinden mit Barockmusik Lebensfreude, Erbauung und Lebendigkeit. “Aus den Notenbildern lässt sich viel besser ablesen, wo die Musik hinführt”, beschreibt Anke Strobel. Gleichzeitig weise das Notenbild Lücken und Rätsel auf, die Improvisation und damit einen “guten musikalischen Draht” der Musiker*innen untereinander erfordern. Diese Harmonie haben Anke Strobel und Amber McPherson ineinander gefunden.

Hand-Reichung über Jahrhunderte hinweg

“Barocke Musik wurde zu allen Anlässen komponiert”, erzählt Anke Strobel. “So wie wir heute das Radio anschalten, wurde auf Zuruf mit handgespielter Musik untermalt.” Musik zum Geselligsein, zur Erbauung, zum Speisen, zum Gebet – von profan bis festlich, von privat bis öffentlich. Diese vielfältige, facettenreiche Kultur will “Zierwerk Barock” erhalten: “Wir reichen Musikern über die Jahrhunderte hinweg die Hand.”

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Würde, Halt und Sinn

Bei Geburtstagen, Hochzeiten und Gartenfesten dient ihr Spiel als akustischer Rahmen (“Die Leute sollen gern weiter nebenbei Kuchen essen!”). Privatkonzerte sind eine besondere Geste: Eine Familie orderte z.B. für den Großvater ein halbstündiges Vorspiel. Je nach Anlass und Geldbeutel können Musiker*innen aus der Barock-Community dazu gebeten werden. Ein Ensemble lässt sich mit Cello, Bass und Bläsern bis zum Orchester vergrößern.

Die Haare dieser alten Violine werden mit einem Stück Holz, dem Steckfrosch, gespannt. Er wird vor dem Spiel eingeklemmt. Foto: Philine
Die Haare dieser alten Violine werden mit einem Stück Holz, dem Steckfrosch, gespannt. Er wird vor dem Spiel eingeklemmt. Foto: Philine

Die Musik spendet nicht nur Freude, sondern auch Trost. Amber McPherson wurde kürzlich gebeten, eine aufgrund von Corona sehr klein gehaltene Trauerfeier zu gestalten. Die Musik, sagt sie, habe dem Moment Würde verliehen und den Trauernden Halt gegeben. “Sie war ein Bindeglied und wichtig zur Trauerverarbeitung.”

Krisen und Chancen

Zahlreiche Anlässe zum barocken Aufspielen entfallen derzeit. “Die Kirchen sind bemüht, lokalen Musikern und Musikerinnen eine Chance zu geben”, berichtet Anke Strobel. Das liege auch daran, dass die Kantor*innen durch den Wegfall von Chören und Blasinstrumenten nach Alternativen zur musikalischen Begleitung suchen müssen.

Alles in allem ist es dennoch eine mühselige Situation. “Der Onlineunterricht macht längst nicht so viel Spaß wie der gemeinsame”, sagt Anke Strobel. Es fehlen die lustigen Momente, die Leichtigkeit, der Lohn der Mühen. Trotz aller Widrigkeiten haben sie und ihr Mann die Krise zum Anlass genommen, ein lange geplantes Projekt vorzuziehen.

Hinter diesen Pforten liegt ein kleiner Saal, der als Konzert- und Übungsraum renoviert wird. Foto: Philine
Hinter diesen Pforten liegt ein kleiner Saal, der als Konzert- und Übungsraum renoviert wird. Foto: Philine

In direkter Nachbarschaft zu dem gelben Gartenhaus befindet sich ein kleiner Saal, der vorher von einer Schlosserei als Werkstatt genutzt wurde. Das Paar möchte ihn ausbauen – mit Parkett, neuen Fenstern und Cembalo. “Wir befinden uns hier gefühlt am Ende der Neustadt. Deshalb möchten wir einen Ort schaffen, der mit Kultur belebt ist”, sagt Anke Strobel. Lesungen (womöglich in Kooperation mit dem Buchladen LeseZeichen?), Tanz, Konzerte, Ausstellungen und Gartenfeste sollen hier eine Heimstatt finden. Der Bischofsweg 31 als Podium für Künstler*innen und Musiker*innen.

Baustart noch dieses Jahr

Im Saal soll der Boden einerseits die Kursteilnehmer*innen und andererseits Konzertbesucher*innen tragen. Eine große Aufgabe. Nun sei der Platz einfach dringend nötig, um in Zukunft den Unterricht und Vorspiele mit ausreichend Abstand weiterzuführen. Das gab den Ausschlag für den Baustart.

Zugleich schenkt das Vorhaben Hoffnung und gibt den Blick frei auf eine Zeit gemeinsamer Konzerte und Gartenfeste unter Lampions. Mit Gesang, Gedichten, kühlen Getränken – Abende so samtig wie der Klang einer Barockvioline.

Zierwerk Barock

Die geschwungenen Bögen lassen besser erkennen "wo die Musik hingeht." Foto: Philine
Die geschwungenen Bögen lassen besser erkennen “wo die Musik hingeht.” Foto: Philine

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