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„Ein Weg trennt eben auch immer“

Was tun, wenn Naturschutz und Nutzung als Naherholungsgebiet aufeinanderprallen? Über einen Konflikt in der Heide und den Versuch ihn zu überwinden.

Das Ende einer Blindschleiche - Foto: Christina Loose
Das Ende einer Blindschleiche – Foto: Christina Loose

Christina Loose radelt freundlich lächelnd durch den Brückenbogen der Stauffenbergallee. Leicht verspätet, sie musste noch eine überfahrene Blindschleiche fotografieren. An diesem Tag im Mai ist die Heide kräftig grün. Hin und wieder bricht die Sonne aus den Wolken. Die Vögel singen in den Baumwipfeln. Die Luft ist frisch und kühl. Es riecht nach Wald. Ein Mountainbiker und seine Tochter fahren gen Heide.

Neue Wege: Erosion und Zergliederung

Erosion ist ein Problem in den Hanglagen der Heide. Besonders, da der Sandboden vielerorts nur von einer dünnen Humusschicht bedeckt wird. Die Faustregel ist: Je stärker der Boden beansprucht wird, desto schneller erodiert er.

Dies betrifft auch die Mountainbiker, die ihren Sport in der Heide ausüben. Je sportlicher die Fahrweise, desto mehr wird die obere Schicht bewegt.

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Das schwierige daran: man merkt es kaum. Denn Bodenerosion ist ein langsamer Prozess, der sich über viele Jahre hinstreckt. Eine Bremsspur hier, eine abgefahrene Wurzel dort, scheinen lächerlich kleine Eingriffe in die Natur. Doch, so Loose, mit der Zeit schaden sie dem Wald.

Abgefahren: die Wurzeln kommen unter die Räder - Foto: Jonas Breitner
Abgefahren: die Wurzeln kommen unter die Räder – Foto: Jonas Breitner

Insbesondere die selbstgebauten Wege sind dabei problematisch. „Ein Weg trennt eben auch immer“ sagt Loose. Sie meint damit die Wegenetz-Verdichtung und damit einhergehende Zergliederung des Waldes. Diese neuen Trails sind nach Looses Meinung schlicht illegal, zumal leider oftmals gleich zu Schaufel und Säge gegriffen wird. Gleichzeitig sind manche dieser Wege nicht mehr von den offiziellen Wegen zu unterscheiden.

Interessenskonflikte

Aus Sportlerperspektive wünscht man sich wohl spannendere Abfahrten als die vorhandenen Rad- und Wanderwege. Außerdem teilen sich Radfahrer, Jogger und Fußgänger bisher dasselbe Wegenetz. Es gibt schlichtweg viele Interessengruppen. Der Prießnitzgrund ist zwar Naherholungsgebiet aber eben auch Landschaftsschutzgebiet.

Ein Weg, mitten durch die Maiglöckchen - Foto: Christina Loose
Ein Weg, mitten durch die Maiglöckchen – Foto: Christina Loose

Es ist ein Balanceakt alle Interessen auszugleichen. Natürlich gibt es auf den offiziellen Wegen das gute Recht Rad zu fahren, auch in der Heide. Nur ist die Frage wo, wie und in welchem Ausmaß. Dabei zu beachten ist das Sächsische Waldgesetzt.

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Wenn Loose Mountainbiker anspricht, fahren viele einfach weiter. Von denen, die sich auf ein Gespräch einlassen, verweisen manche pauschal auf die Schäden durch forstwirtschaftliche Nutzung, manche zeigen sich offen für Looses Argumente.

Dabei sind nicht alle Mountainbiker kritikwürdig. Doch wie so oft bedarf es nur einiger „schwarzer Schafe“, die das Bestreben der anderen, naturschonend zu fahren, zunichtemachen. Am Ende bleibt jedoch der Leitsatz: Je ehrgeiziger die Sportart betrieben wird, desto mehr schließen sich Naturverträglichkeit und sportliche Ziele aus.

Sprungschanze, Aushub und Plane - Foto: Jonas Breitner
Sprungschanze, Aushub und Plane – Foto: Jonas Breitner

„Datenerhebung nicht genug“

Für Loose ist die Heide ein Stadtwald, die grüne Lunge Dresdens, Erholungsgebiet und Schutzgebiet zugleich. Sie gestikuliert mit den Händen, wenn sie über die Natur spricht. Über das dichte Grün, das weiche Moos, die Kühle des Waldes.

Denn auch wenn es heute nicht danach aussieht, all das verändert sich. Der Klimawandel, die Trockenheit in der Tiefe und die Auswirkungen menschlicher (Über-)Nutzung machen dem Wald zu schaffen.

Vogelkundlerin Christina Loose bei der Arbeit - Foto: Jonas Breitner
Vogelkundlerin Christina Loose bei der Arbeit- Foto: Jonas Breitner

Aufgrund dieser Veränderung der Heide hat sie den Entschluss gefasst, dass Datenerhebung und Kartierung von Vögeln allein nicht genug seien.

Seit nunmehr drei Jahren engagiert sie sich deshalb als Gebietsbetreuerin für den Prießnitzgrund im Ehrenamtlichen Naturschutzdienst der Landeshauptstadt Dresden.

Sie will den Charakter der Heide bewahren. Allein, das weiß sie, ist das nicht möglich, doch versucht sie ihren Beitrag zu leisten.

Der Kompromiss: Ein offizielles Radwegenetz

Loose möchte nicht pauschalisieren oder maßregeln. Sie möchte niemandem seinen Sport verbieten. Zwar fährt sie selbst kein Mountainbike, doch radelt und joggt sie gerne selbst durch die Heide.

Sanktionen sind hier weder umsetzbar noch zielführend. Sie wirbt vielmehr um größeres Bewusstsein für die Folgen, die der Sport im Wald mit sich bringt.

Grundsatz "Hinterlasse keine Spuren" nicht angekommen: Baumaterial im Wald - Foto: Jonas Breitner
Grundsatz „Hinterlasse keine Spuren“ nicht angekommen: Baumaterial im Wald – Foto: Jonas Breitner

Loose schlägt einen Kompromiss vor: Die Heide sollte ein offizielles Wegenetz für den Radsport bekommen. Damit kämen sich Fußgänger und Mountainbiker nicht mehr in die Quere und der Anreiz für die Mountainbiker eigene Schneisen in den Wald zu schlagen wäre kleiner.

Ob sie damit Gehör findet, bleibt abzuwarten. „Ich stehe da auf einsamem Posten“ meint sie selbst. “Die Initiative müsste auch erst mal von den Fahrern kommen”. Die Wege werden indes stetig mehr.

Langwierige Lösung: Bewusstsein schaffen

Christina Loose stellt klar: Sie möchte nicht mit erhobenem Zeigefinger durch die Heide laufen. Natur ist immer komplex. Es gibt nicht den einen Schuldigen oder die eine Ursache.

Erosion im Endstadium: Wurzeln in der Luft statt im Boden - Foto: Jonas Breitner
Erosion im Endstadium: Wurzeln in der Luft statt im Boden – Foto: Jonas Breitner

Das Grundproblem bei der menschlichen Nutzung ist die Menge der Menschen und Intensität des Waldbesuchs. Beides ist während der Pandemie stark gestiegen. Es gab nichts anderes zu tun, da gingen die Leute vermehrt in die Heide. Das kann man auch niemandem verdenken. Doch es ist erwartbar, dass, sobald Corona überstanden ist, wieder weniger Leute kommen.

Andererseits ist die Art der Nutzung ein Problem. Mancher muss sich noch bewusstwerden: Der Wald ist eben kein Park. Der Umgang muss ein anderer sein. Der Sachsenforst hat dazu mal ein paar Fragen und Antworten zusammengestellt.

Sattes Grün: Die Heide im Mai 2021 - Foto: Jonas Breitner
Sattes Grün: Die Heide im Mai 2021 – Foto: Jonas Breitner

Dabei bleibt die Verständigung schwierig. Schnell fühlen sich Menschen angegriffen. Genau deswegen ist Looses Anliegen: größeres Bewusstsein schaffen für die Folgen des eigenen Handelns. Wenn das gelingt, besteht Grund zu Optimismus: Der Wald regeneriert sich schnell, wenn man ihn nur lässt.

14 Kommentare

  1. „Der Wald regeneriert sich schnell, wenn man ihn nur lässt.“ mit diesem Satz sollte man sehr vorsichtig sein, da man damit ja wunderbar eigenes Fehlverhalten rechtfertigen kann. Viele von deutlicher Erosion betroffene Wege werden sich nicht mal eben in ein bis zwei Jahre wieder regenieren. Und vor dem Hintergrund des Klimawandels ist es ohnehin schwierig genug, den Fortbestand des Waldes zu sichern. Das Experiment Douglasie ist z.Bsp. gescheitert. Es gibt in der Heide sehr große Flächen, die in den letzten Jahren aufgrund Borkenkäferbefall abgeholzt werden mussten. Und, um auf den Satz auf Anfang zurückzukommen, es wird viele Jahrzehnte (in einigen Fällen Jahrhunderte) dauern, bis an diesen Stellen vielleicht mal wieder die staatlichen Bäume stehen, die jetzt gefällt werden mussten. Für die Natur sind dies kleine Zeitspannen, für uns jedoch ist es mehr als unsere eigene Lebenszeit. Wenn man sich dies ab und an verdeutlicht, entwickelt man vielleicht auch ein anderes Verständnis für den Umgang mit der Natur. Wenn man die Reduzierung des Waldbestandes der letzten drei Jahre in die Zukunft rechnet, dann kann es leider sein, dass wir in einigen Jahrzehnten große Teile der Dresdner Heide wieder als Heidelandschaft vorfinden werden.

    Neben den Folgen durch Mountainbiking sollte man allerdings auch mal über den Reitsport reden. Es gibt etliche Wege, welche durch Pferdehufe deutlich geschädigt sind. Positiv ist lediglich, dass es sich dabei zumeist nicht um die Hanglagen handelt, welche bei MTBs das bevorzugte Revier sind.

  2. Lieber Stefan E., im Artikel geht es um den Prießnitzgrund, wo Reiten eigentlich weniger eine Rolle spielt. Insgesamt auf die Dresdner Heide bezogen gibt es jede Menge Ansätze menschlicher (Freizeit-)Nutzungsinteressen, über die man diskutieren kann. In den Hanglagen, die den Prießnitzgrund bestimmen, ist eine intensive Beanspruchung der natürlichen Strukturen tatsächlich besonders kritisch zu bewerten. Den Satz, die Regenerationsfähigkeit des Waldes betreffend, unterstütze ich grundsätzlich. Entscheidend ist die Bedingung „wenn man ihn lässt“ und ergänzend „wenn es regnet“, was zum Zeitpunkt des Interviews anschaulich zu beobachten war. Inzwischen spielt bereits Trockenheit wieder eine große Rolle, und ich gebe Ihnen recht, der Wald wie wir ihn bisher gekannt haben, ist tatsächlich in Gefahr, das sollte uneingeschränkt anerkannt werden. Unter diesen Bedingungen ist Störungsarmut, am besten stellenweise -freiheit, jede Schonung der wasserhaltenden Humusauflage eine Hilfe, was in der Hand (oder unter dem Reifen, dem Fuß) jedes Waldbesuchers liegt.

  3. Ein sinnvoller Schritt wäre, die Heide als Erholungswald nach §31 sächsischem Waldgesetz zu erklären. Das würde schon einmal den forstwirtschaftlichen Druck (bildlich: Harvester) nehmen und z. B. Totholz könnte im Wald verbleiben und Erosion reduzieren.

    Daß Menschen mehr Naherholung nutzen, statt nach Malle zu fliegen (auch MTBler) oder vor dem Computer zu zocken (ggf. gleiche MTB-Klientel) finde ich richtig. Auch hier – wie in der Stadt – gilt es, die begrenzten Ressourcen mit Augenmaß zu verteilen. Z. B. empfehle ich, mehrere Zonen auszuweisen, wo MTB-trail & Schanzenbau ok ist. Langfristig kann man vielleicht auch das Sandgrubenrestloch dazu nutzen.
    Mofas (MTB mit Elektroantrieb) haben mMn nichts im Wald verloren. Sie zerstören mit Maschinenkraft, was die Besitzer nie könnten.
    Weiterhin empfehle ich, das Rauchen in der Heide sein zu lassen. Auf die Waldbrandgefahr und -stufen könnte man mit Schildern hinweisen. Sonst ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein Mitmensch der Joint-Klasse den Wald abbrennt. Dann ist jede Erosionsdiskussion überflüssig.

  4. Ich, als Mountainbiker, hatte schon eine offene und gute Diskussion mit Frau Loose vorort nach dem Befahren einer der nicht ausgewiesenen Wege. Leider haben wirklich zu wenig Fahrer das Bewusstsein den Wald zu nutzen ohne Spuren zu hinterlassen. Selbst wenn man auch diese FahrerInnen noch erreicht werden jegliche Bestrebungen legale Streckennetze für die Community zu errichten von unbeugbaren bürokratischen Hürden verhindert. Hier sollten sich wohl die verschiedenen Interessengemeinschaften an einen heidegrünen Tisch setzen.

  5. Lieber Frank, die HANGLAGEN sind für MTBler attraktiv, deshalb ist vor allem der PRIESSNITZGRUND Schwerpunkt des Artikels, nicht die Heide insgesamt. Das Tal und die nähere Umgebung sind längst aus der forstlichen Nutzung herausgenommen worden, sprich Totholz bleibt im Wald (was übrigends auch im Wirtschaftswald zunehmend forstliche Praxis wird – Stichwort: nachhaltiger Umbau zum naturnahen Mischwald), er könnte sich entwickeln, wie die Natur es vorsieht. Es bestehen also im stadtnahen Bereich ohnehin keine wirtschaftlichen Interessen.
    Der Funktion als Erholungswald wird in der Dresdner Heide insgesamt voll entsprochen, es gibt dort keinen ausgeprägten „forstwirtschaftlichen Druck“. Das heißt aber nicht, dass man im Wald alles „tun dürfen“ darf, was man möchte. Feuer und Rauchen im Wald sind bereits verboten, ganz unabhängig von einer Waldbrandstufe. Das sollte zur Allgemeinbildung gehören.
    Das Thema Harvester ist ein Klassiker, der in solchen Diskussionen regelmäßig ins Spiel gebracht wird. Die Förster, die ich kenne, handeln sehr verantwortungsbewusst. Die von ihnen eingesetzten Erntemaschinen, sind keine riesigen Ungetüme, die vielleicht in (fern-)östlichen Wäldern oder dort, wo tatsächlich Raubbau getrieben wird, zum Einsatz kommen. Dieses Bild findet im Netz große Verbreitung, um die eigenen Interessen zu relativieren. Was nicht heißt, dass es vollkommen unproblematisch ist, doch niemand wird von einem Landwirt verlangen, wieder zur Sense zu greifen statt mit Traktor und Mähdrescher zu arbeiten, die ebenfalls auf die Bodenstruktur einwirken. Wir reden hier auch nicht über die Forstwirtschaft allgemein, sondern unseren Stadtwald, über MTB hier vor unserer Haustür, ob das ein Gebiet ist, das die gegenwärtige Intensität einer Trendsportart verträgt, mit überwiegend Sand als Untergrund, wo Erosion zwangsläufig ist.
    Welche begrenzeten Ressourcen wären denn mit Augenmaß zu verteilen und vom wem? Es ist ein öffentlicher Raum, um den es geht.
    Bei Elektroantrieben könnte es sich tätsächlich um eine Gesetzeslücke handeln, da private Verbrennungsmotoren im Wald nicht gestattet sind. Nur, wie will man mit Ebikes umgehen, die den Arbeitsweg entlang der Prießnitz nach Klotzsche und zurück erleichern?
    Man kann es drehen und wenden wie man will. Regelungen sind jede Menge vorhanden. Daran besteht kein Mangel. Solange manche Leute ihren eigenen Interessen Vorrang vor anderen geben, obwohl sie sehen müssten, dass natürliche Strukturen zu sehr beansprucht sind, wird sich nichts ändern. Im MTB-Bereich ist nicht das Fahren an sich das Problem, sondern der Ausbau von Strecken mit Säge und Schaufel, das Anlegen neuer Trails durch Querfeldeinfahren und vor allem der FAHRSTIL. Wer Vollbremsungen cool findet und für wen Sandwege kein Tabu sind, muss wissen, dass es auch unter MTBlern eine Art Ehrencodex gibt: „Hinterlasse keine Spuren!“ Nur so kann der Sport Akzeptanz erfahren. Wie gesagt: hier geht es nicht um den MTB-Sport generell sondern die Frage: verträgt der Untergrund hier bei uns eine intensive (leistungsorientierte) Ausübung der Sportart, wie es gegenwärtig geschieht?

  6. Vielen Dank für den Beitrag, lieber Constantin W, dem ich nichts hinzuzufügen habe.

  7. Hallo in die Runde,

    auch ich als MTBler bin definitiv daran interessiert einen Interessenausgleich zu schaffen.
    Wie Sie schon richtig ansprechen Frau Loose, gibt es einen ungeschriebenen Codex, den ich auch denen, die von mir das Fahren gelernt haben weitergab. Jedoch wird, wie sie richtig feststellen einiges an Raubbau betrieben.
    Auf der anderen Seite muss ich festhalten, dass wir eine wunderbare Comunity haben, welche sich um existierende Strecken kümmert. Diese immer wieder richtet, damit eben nicht neue Wegen entstehen oder sich Umfahrungen etablieren.

    Als gutes Beispiel möchte ich auf die Hamburger Berge verweisen:
    https://www.habemtb.de/
    Hier wurde mit dem Forst ein Streckennetz in den Wald integriert, welches das Wildbefahren reduziert.

    Ich hoffe wir finden gemeinsame Lösungen, damit wir alle möglichst lange unser geliebtes Naherholungsgebiet nutzen können.

  8. Lieber Hendrik, ich bin nicht in der Position, Entscheidungen zu treffen, kann höchstens Empfehlungen aussprechen. Grundsätzlich sehe ich bei Ihnen einen möglichen Ansatz in die richtige Richtung.
    Eines ist absolut wahr: es können nur die Fahrer selbst sein, die den langwierigen Prozess auf sich nehmen,
    1. die Initiative zu ergreifen, legale Strecken nach den Bedürfnissen der Mountainbiker einzurichten. Dafür muss man kämpfen, hartnäckig sein und darf sich nicht entmutigen lassen.
    2. die Community zu sensibilisieren, wie wichtig es ist, sich an Regeln zu halten, wie sie auch von großen Organisationen wie DIMB und DAV vertreten werden:
    -> geeignete Wege heißt fester Untergrund, also keine bewegliche Erdkrume, kein Sand, Geröll, keine Wurzelwege, vernässte Strecken (warum hat man einmal begonnen, noch vor der Ära des Straßenbaus, Wege zu befestigen? Ganz sicher nicht nur der Bequemlichkeit halber, damit es in der Kutsche nicht zu arg ruckelt oder dem Achsbruch zu entgehen, steckenzubleiben, sondern weil Flächenverbrauch und Bodenverlust damit einhergehen, weil Wege sich unter Beanspruchung verändern)
    -> Streckeninformation heißt: OpenstreetMap ist keine offizielle Karte, alles was auf einschlägigen Plattformen auftaucht, hat sicher mal jemandem viel Spaß bereitet, aber ist so ein Trail auch zum massenhaften Nachvollziehen geeignet? Dort „produzieren“ sich auch gern Leute, die ihre Story in Szene setzen wollen. Sind das immer naturverträgliche Abenteuer, die sie da teilen?
    -> nicht querfeldein fahren
    -> Rücksicht auf andere nehmen (ja, das Fahrrad hat eine Bremse, man darf sie auch benutzen, und es muss nicht immer die Höchstgeschwindigkeit sein)
    -> hinterlasse keine Spuren
    -> nicht bei Regen fahren
    -> nicht bei Dunkelheit fahren
    3. Warum sind diese Regeln wichtig? Weil sie die Schnittmenge abbilden, innerhalb der im Idealfall die meisten Interessen aller Beteiligten im Wald gewahrt bleiben (in jeder Hinsicht eine Grundlage für ein gutes Zusammenleben). Weil es jede Menge individuelle Vorlieben und Disziplinen beim MTB gibt, weil die meisten Fahrer nicht organisiert sind, weil nicht alle Fahrer auf Technik achten, weil es dem Händler egal ist, ob der Kunde weiß, was er tut, weil sich Forstämter und Naturschutzbehörden genau der „schwarzen Schafe“ wegen „auf die Hinterbeine stellen“ und ja, es gibt eine gewisse Klientel, die rebellisch auftritt, sich nichts vorschreiben lassen will, zur Anarchie neigt, als unerreichbar gilt und die denjenigen, die sich an die Regeln halten wollen, „in die Suppe spucken“. Das sind dann aber DIE Mountainbiker, und dieses Bild (mit der Arschkarte) steht für alle. Es würde allen zugute kommen, wenn sich möglichst viele ihrer Vorbildrolle und -aufgabe bewusst werden würden.
    4. Leider muss ich aber auch, selbst auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen, sagen, die Dresdner Heide, und der Prießnitzgrund insbesondere, ist aus meiner naturschutzfachlichen Sicht tatsächlich ein heikles Gebiet zum Mountainbiken: weil Sand der Untergrund ist, der sobald die schützende Humusschicht abgefahren ist, offen hervortritt und vor allem wegen der Menge von Leuten, die aktuell dem Sport nachgehen, was das Problem vergrößert. Vom Profil her ist es ein Spitzengebiet, das kann ich absolut verstehen, und mir ist völlig klar, warum es so beliebt ist. Die Sportart hat sich einfach durch Ausüben etabliert, und es hat niemand so genau hingeschaut. Es waren ja zunächst auch nur einzelne. Inzwischen ist es ein Massentrend. Und ich sehe ehrlich gesagt, keine nachhaltige Lösung. Die Trockenheit wird dazu führen, dass die alten Bäume nicht mehr viel älter werden. Heute morgen habe ich viele abgeworfene neue, gerade ausgetriebene, Blätter, bereits vertrocknet, am Boden gesehen. Die Bäume gehen bereits in den Sparmodus, weil Wasser fehlt. Und das am Prießnitzgrundweg! Das Waldbild wird sich drastisch verändern, nicht mehr als ein Vorwaldstadium erreichen. Dann sieht es aus, wie auf dem Heller. Das ist meine Prognose. Der kühle schattige Wald wird bald nicht mehr da sein. Es ist total wichtig, die wasserhaltende Humusschicht zu schützen. Aufgebaut werden kann sie nur durch Biomasse, die wird in einem lichter werdenden Wald aber weniger. Hier beginnt ein Teufelskreis. Früher war das alles kein Problem, da gab es durch häufigen Regen in jedem Jahr eine „grüne Hölle“, auch im Sommer, der Aufwuchs kam hoch, die Waldverjüngung war intakt. Dann hat die Natur großes Regenerationspotential. Aktuell fehlt es nahezu. Die nächste Trockenperiode wird vertrocknende Pflanzen zeigen. In der Tiefe des Bodens ist es nach wie vor knochentrocken. Wer sich davon überzeugen will, dem empfehle ich den Dürremonitor vom Helmholtz Institut für Umweltforschung.
    Es sollte in der Heide eigentlich alles unterlassen werden, was den fruchtbaren Waldboden strapaziert, damit er geschlossen bleibt und „es“ wachsen kann.

  9. @ Christina: Das Grundproblem ist doch ein anderes: Trockenheit (dahinter dann Klimawandel) und die nun sichtbaren Folgeschäden. Dafür können die MTBs wenig – und ich würde auch mal sagen, dass die Beschädigungen eher gering sind im Vergleich zu den Waldflächen, die gerade wegen des Borkenkäfer umgeholzt werden mussten. Ungeachtet dessen: Trail-Nettiquette und Verzicht auf den Bau neuer Trails ins Grün, da stimm ich zu. Gibt m.e. reichlich Auswahl und die Heide wird/kann/soll pandemiebedingt geschlossenen Bikeparks nicht ersetzen.

  10. @tsetse: Vielen Dank für diese Ergänzung. Ich stimme Ihnen völlig zu, für die Trockenheit kann MTB nichts. Um so mehr rückt aber die Verantwortung jeden einzelnen Fahrers in den Vordergrund: WANN fahre ich WIE WO entlang. Hierzu freue ich mich über Ihre engagierte Aussage.
    Es erschien mir wichtig, den Hintergrund (oder Untergrund ) zu beleuchten.
    Was die Borkenkäferflächen betrifft, bin ich eigentlich optimistisch. Wir haben in der Dresdner Heide nicht die riesigen Fichtenflächen, wie anderswo. Selbst wenn es erst einmal krass aussieht, es wird eine Waldverjüngung stattfinden, hin zu einem Mischwald, der auch naturnäher, stabiler und gesünder ist. Weniger Fichte = weniger Borkenkäfer. Wenn die Bedingungen durch Trockenheit und Hitze ungünstig bleiben, wird es länger dauern. Aber hier sehe ich die Entwicklung einer Krautschicht, aus der heraus es ein paar robuste Eichen, die mit Trockenheit noch ganz gut klar kommen, schaffen werden, gegeben. Entscheidend ist, diese Flächen sind meist relativ eben, keine Hanglagen. Dort kann sich Biomasse bilden und halten.
    An den Hängen sieht es anders aus, Stichwort Schwerkraft. Wind und Wetter wirken auf den Boden ein. Bäume, die dort wachsen, haben es schwerer, Halt zu finden. Die fruchtbare Humusschicht ist von Natur aus dünner. Hinzu kommt die Konkurrenz von Baumarten wie Traubenkirsche, wovon unsere heimische Art wenigstens noch die Eigenschaft hat, ein Baum zu werden, die eingewanderte Spätblühende Traubenkirsche verbuscht einfach nur, nimmt aber anderen Bäumen das Licht, ist sehr konkurrenzstark. Die Robinie und die Birke sind ebenfalls Arten, die mit solchen kargen Bedingungen relativ gut klar kommen. Das sind Vorwaldbaumarten. Wachsen schnell, leben aber nicht lange. Soweit ist das auch ein ganz natürlicher Prozess. Im Schatten dieser Bäume entwickeln sich die anderen, die den späteren Bestand bilden werden. Wie diese Entwicklung vonstatten gehen wird, hängt von den Bedingungen ab, die in den kommenden Jahrzehnten vorherrschen werden. Es ist absolut realistisch, dass der Vorwald, wie es an der Rändern bereits zu sehen ist, der Dauerzustand bleiben könnte, oder schlimmer: einmal durch permanente Störung aufgerissene Sandflächen sind der Anfang vom Ende. Daher meine Sorge! Anschaulich kann das EXEMPLARISCH am sogenannten „Prießnitzstrand“ beobachtet werden, wo die Wurzeln der Bäume in der Luft hängen, seitlich das Sterben stattfindet und sich die Erosionsrinne weiter nach oben entwickelt, den angrenzenden Weg bedroht. Hier sind die Verursacher natürlich nicht die MTB-Fahrer!
    Hänge sind für MTB-Sportler aber die bevorzugte Gegend. Und das Einfallstor zur Dresdner Heide, der Prießnitzgrund, ist von vielen (Freizeit-)Nutzungsinteressen in Anspruch genommen, was die Bedingung „Störungsarmut“ für eine nachhaltige Entwicklung in ein schwieriges Umfeld setzt.
    Insgesamt möchte ich an dieser Stelle zum Ausdruck bringen, dass ich mich über die ausschließlich sachliche Diskussion hier bisher total freue!!! Danke! Das bringt uns alle weiter!

  11. @ Christina: Es gibt schon Bewusstsein für die Erosionsproblematik. Die Lynch-Schlucht-Abfahrt/Weg wurde aus dem Grund vom Kamm in den nebenan liegenden Hohlweg verlegt und mit Quer-Stufen gesichert. Der Kellersteig bekam vor zwei (?) Jahren auch neue Quer-Stufen. Laienhafte Einschätzung: Das Erosionsproblem ist damit gut in den Griff zu bekommen. Teilweise sind diese Pflegeprojekte durch eine Kooperationen zwischen Forst und dem Dresdner DIMB-Ableger (Dts. Initiative Mountainbike) umgesetz worden. Es ist hier, wie bei vielem so, dass das am ehrenamtlichen Engagement von recht wenigen Leuten hängt. Vermutlich wurde das mit der Pandemie nicht einfacher und gleichzeitig ist die Nutzungsintensität stark gestiegen.

    Mein Ansatz wäre: Freundlich informieren an den Hotspots und auf die Problematik der Erosion hinweisen, z.b. über Flyer-Box/Schilder/Infotafeln/… und Tipps und Tricks für die nachhaltige Trailpflege geben. Es wird ja schon viel geschaufelt, nicht immer mit Plan. Aber letztlich ist es ja so, dass die Leute Singletrails suchen und keine ausgebombten Rümpel-Hänge. Und vll. gibts auch punktuell institutionellen Support? Stadtbezirskbeirat Neustadt dürfte zumindest für die Heide bis kurz nach der Sandgrube eine Zuständigkeit haben und könnte z.B. die Trail/Wegpflege beauftragen (und wenn das nicht geht, weil die Wege keine „offiziellen“ sind, eben Maßnahmen zum Erosionsschutz) oder ein Trail-Pflege-Event starten oder Infotafeln an den Zufahrtswegen aufstellen. Und prinzipiell kann oder halt auch mal ein paar offizielle Loops etablieren – da könnte der Forst ausm Knick kommen. Wie das geht, kann man sich in UK, USA und CZ anschauen. Diese Trantütigkeit hier ist echt beeindruckend…

  12. @tsetse
    Nimm mal Kontakt mit dem Sachsenforst auf und rede mit denen über deren „Trantütigkeit“. Danach wirst Du Dich wohl nicht mehr so äußern. Glaub mir, die haben dort wirklich mehr als genug zu tun und führen einen großen Kampf um den Fortbestand der Dresdner Heide. Die ganz genaue Zahl habe ich jetzt gerade nicht zur Hand, aber etwa zwei Drittel der Bäume in der DH dürften Fichten oder Kiefern sein. Erstere haben aufgrund Borkenkäfer wenig Zukunft, Kiefern sind zunehmend auch betroffen. Alternativ kannst Du auch den Kletterwald Dresdner Heide besuchen, dort sieht man schon heute sehr anschaulich die Folge der letzten Jahre. Ist nur eine Frage der Zeit, bis dort auf viele Jahrzehnte hinaus eine solche Nutzung mangels Bäumen nicht mehr möglich sein wird.
    Letztlich ist die Frage, ob wir die Dresdner Heide versuchen als Waldgebiet zu erhalten oder ohne Rücksicht auf die Folgen als Freizeitpark nutzen wollen. Neben Mountainbikes und Reiten sind auch die Events und Großveranstaltungen aller Art ein Sargnagel mehr für den Wald. Die Zukunft für die Dresdner Heide wird dann in etwa so aussehen wie heute der Großteil des Hellers.

  13. @ Stefan E. Danke für diesen sehr gehaltvollen Beitrag.
    @ tsetse Das Wort „Trantütigkeit“ würde ich hier erst einmal gern streichen wollen. Ich weiß, dass der Forstbetrieb „am Rad dreht“, die aktuellen Folgen der vergangenen drei Extremjahre zu bewältigen. Das ist mit einer Naturkatastrophe vergleichbar und auch eine Arbeit fürs Gemeinwohl. Wie der bevorstehende Sommer verlaufen wird, weiß man nicht. Nach ausgiebigem Regen, der außerordentlich notwendig wäre, sieht es nicht unbedingt aus. Schauen Sie sich um, wie viele Bäume (überall) dabei sind, den Geist aufzugeben. Wahrscheinlich kommen die Wünsche nach der Einrichtung von offiziellen MTB-Strecken in ihrer Dringlichkeit gerade zum falschen Zeitpunkt. Stellen Sie selbst doch ein tragbares Konzept auf die Beine, wie man das Thema angehen könnte! Über ehrenamtliche Arbeit kann ich mich mit Ihnen sehr gern austauschen. Ich empfinde sie als absolute Bereicherung. Am Ende wird das vielleicht auch die einzige Lösung sein, die Umsetzung nicht vom Forstbetrieb zu erwarten. Ohne seine Aufsicht wird es aber wohl nicht gehen.
    Zu Ihren Beispielen aus anderen Ländern nenne ich hier mal die jeweilige Bevölkerungsdichte in E/km² lt. Wiki: D 233, USA 33, UK 71, CZ 138, DD-Neustadt 3450 (DD 1695). Sicherlich ist das pauschal nicht der einzige Faktor, der beim Vergleich eine Rolle spielt. Ich bin immer gegen die Betrachtung von MTB generell, warum geht es dort und hier nicht. Um Durchsetzungskraft geht es dabei sicher auch, aber vielleicht gibt es auch Faktoren, wo es sich verbietet. Möglicherweise läuft die Sache hier auch ein bisschen aus dem Ruder, weil es immer mehr Leute geworden sind, die sich in einem der vielen Läden der Neustadt ein Rad kaufen und in dem Glauben „Dresdner Heide – tolles Gebiet – andere machen es auch“, einfach losfahren. Manche schaufeln, denn die natürlichen Gegebenheiten sind nicht spannend genug oder geben es nicht her, müssen unterhalten werden. Offizielle Strecken, vielleicht sogar touristisch beworben, denn das bleibt meist nicht aus, werden aber noch viel mehr Fahrer anziehen. Dann muss man die Schaufel gar nicht mehr aus der Hand legen. Es gibt MTB-Fahrer, die es flowig mögen, bei anderen sollte es Wurzelwege oder „ausgebombte Rumpel-Hänge“ unbedingt geben, jede Disziplin hat ihre Ansprüche. Die Lynchschlucht ist für mich ein Paradebeispiel, wie sich in einem abgeschiedenen, regelrecht idyllischen, wild-romantischen, feucht-kühlen Gründchen die Landschaft verändert hat, seit sie MTB-Geheimtipp geworden ist.
    Ich wiederhole mich: geologisch liegt ein Großteil der Dresdner Heide auf einer eiszeitlichen Binnendüne (was Sandgrubenbetreiber erfreut), in der sich die Prießnitz ein Tal geschaffen hat. Der Heller gehört zu dieser Formation. Diese Landschaft wurde vom Militär geprägt und wird sehr lange so aussehen, was natürlich auch Reize hat. Möchte man das aber auch an den Hängen vom Prießnitzgrund? Will man aus der im Sommer aufgeheizten Stadt heraus, nicht vor allem den Gegensatz finden? Ist ein Wald, in dem eine Menge menschliches „Inventar“ seinen Platz bekommt, Trail-Verbauungen als Infrastruktur zähle ich dazu (Sie haben noch Schilder, Infotafeln, Flyerboxen aufgezählt), übertrieben gesprochen, eine Stadt im Grünen, so attraktiv wie eine Natur, die einfach sein darf, wie sie ist? Um ihr Gleichgewicht muss man sich nicht kümmern, es nur einfach erhalten. Die meisten Lebensformen haben Wasser und BODEN als Grundvoraussetzung, alles was daraus hervorgeht bedingt sich gegenseitig. WELCHE Bodenstruktur vorliegt bestimmt, WAS darauf wächst, welche Tiere sich davon ernähren usw. Und es wird massenhaft eingegriffen, verändert, gebuddelt, gebaut, versiegelt. Das muss man sich wirklich mal überlegen.
    An allen Ecken und Enden ist die Natur in Gefahr, unter die Räder zu kommen. Rückzugsgebiete werden immer kapper. Nicht einmal in einem nicht forstlich genutzten Wald, darf Ruhe einkehren. Wird der Wald hier nicht zum Sportplatz? Für mich „spricht“ der Wald eine Einladung aus, hier darfst du anders sein, du musst nichts leisten, tanke auf, schöpfe Kraft. Ich lebe gern in der Stadt, in Dresden. Der Brückenbogen der Stauffenbergallee ist wie ein Tor, eben noch drin (in der Stadt) und schon draußen. Das ist für mich Lebensqualität. Dieses „Tor“ könnte dazu dienen, die „Krone der Schöpfung“ mal vorübergehend an den symbolischen Nagel zu hängen. Dafür plädiere ich.

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