Anzeige

Societaetstheater

Blue-Note-Chef schreibt offenen Brief an OB Orosz

Mirko Glaser
Rudolf-Leonhard-Straße 13
01097 Dresden

Helma Orosz
Oberbürgermeisterin der Stadt Dresden
per Email

Sehr geehrte Frau Orosz,
gestatten sie mir ein paar in Worte zum Thema Kultur und der Umgang mit ihr in Dresden. Ich selbst, um sie nicht unaufgeklärt zu lassen, betreibe in Gemeinschaft den Jazzclub BLUE NOTE in der Dresdner Neustadt und bin auch sonst sehr kulturinteressiert, aber dieser Fakt tut hier wenig zur Sache. Den Meldungen der letzten Tage entnahm ich, daß sie vorhaben, die Dresdner Werbung- und Tourismus GmbH aufzulösen, ein Vorhaben, bei welchem ich sie nur tatkräftig unterstützen kann. Allerdings aus vermutlich anderen Beweggründen. Doch dazu später. Der Umstand, welcher mich veranlaßt, ihnen diesen Brief zu schreiben, ist ein anderer.

Soeben kam ich, wohlgemerkt zu Fuß, aus dem ALTEN SCHLACHTHOF, und mußte mit Verwunderung feststellen, daß nahezu alle in unmittelbarer Nähe dieser Lokalität geparkten Autos ein sogenanntes Knöllchen am Scheibenwischer klemmen hatten. Einerseits verstehe ich natürlich, daß es in einer sozialen Gemeinschaft, und als solche begreife ich natürlich auch meine Heimatstadt, gewisse Regeln geben muß, ohne deren Einhalt ein Zusammenleben kaum denkbar wäre, andererseits sollte es selbst bei strenger Einhaltung der Regeln, wofür wir deutschen ja immerhin weltweit bekannt sind, einen gewissen Spielraum geben. Obwohl selbst unbetroffen vom Fleiß der Polizeibehörde, machte ich mir die Mühe, einige Straßen abzuschreiten, um mich zu vergewissern, inwiefern eine etwaige Behinderung eventuell notwendiger Einsatzfahrzeuge vorgelegen haben könnte. Und sieh an, kaum eines der Fahrzeuge stand in irgendeiner Art und Weise irgendjemandem bei der Ausführung seiner Tätigkeit im Wege. Die Fahrzeuge wurden ab ca. 19:00 Uhr geparkt und wurden gegen 23:30 Uhr weggefahren. Andere Parkmöglichkeiten gibt es im Umkreis nicht. Das läßt bei mir nur den Schluß zu, und zwar nicht erstmalig, denn ich beobachte diese Art Umgehensweise mit „Sündern“ schon des längeren, daß hier offensichtlich ganz gezielt Personal des Ordnungsamtes geschickt wird, und zwar nicht um der Ordnung willen, sondern explizit um das Stadtkässel zu füllen.

Eine Stadt wie Dresden sollte meines Erachtens froh darüber sein, ein kulturell breites Spektrum abdecken zu können, wohl wissend, daß ein großer Teil dessen aufgrund privatwirtschaftlicher Initiativen geschieht, ohne jeden Cent städtischer oder staatlicher Fördermittel. Vielmehr wird durch die Stadt Gewerbesteuer kassiert und auch sonst jede Möglichkeit genutzt, um sich jeden auch noch so geringen Aufwand geldwert vergüten zu lassen.

Anzeige

Archiv der Avantgarden - Der Wandel wird kommen

Anzeige

Lange Nacht der Angst im Hygiene-Museum

Anzeige

Kreuzretter für die Rückengesundheit

Anzeige

Advenster.org

Anzeige

Yoga Retreat

Anzeige

Stechuhr im Ostpol

Anzeige

Villandry

Anzeige

Archiv der Avantgarden - Welten Bauen. Visionäre. Architektur im 20. Jahrhundert

Anzeige

tranquillo

Anzeige

janpim Thai Massage

Jedoch schickt die Stadt, die sich als Kulturstadt zu vermarkten sucht, ihre Bediensteten aus, um auch noch zu später Stunde am Kulturinteresse der Bürger zu profitieren. Pfui! sage ich da, das gehört sich nicht. Ich kann nicht einerseits so tun, als läge mir als Kommune etwas an Kultur, andererseits tue ich ebensowenig dafür, daß Gäste derselben sich wohlfühlen. Verstehen sie mich, verehrte Frau Orosz, nicht falsch. Ich rufe keinesfalls zum wahllosen Falschparken 24 Stunden rund um die Uhr auf, aber ich kann mich mit dem Gedanken nicht anfreunden, daß Ordnungsamtsbedienstete extra losgeschickt werden, um bei größeren Veranstaltungen im Interesse der Stadt Knöllchen zu verteilen. Ich nähere mich dem Ausgangspunkt. Ein Vorgehen dieser Art ist mir nicht zum ersten Mal aufgefallen. Insgesamt mangelt es der Stadt Dresden meines Erachtens nicht nur an behördlicher Toleranz, insbesondere bei Großveranstaltungen, nein, mein geliebtes Dresden leidet auch darunter, in der Außenwirkung an Attraktivität zu verlieren. Dazu tragen soeben genannte Dinge bei, ebenso wie die bisherige Konzentration auf Dresden als Barock, als Semperoper, als Grünes Gewölbe. Diese Stadt lebt, und das wissen wahrscheinlich die wenigsten Menschen dieser Welt, von ihrer Kreativität, von den Menschen, die außerhalb der DWT, außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung, etwas tun, um sich kulturell zu verwirklichen. Es gibt viele Beispiele, die ich ihnen gern nenne, falls ihrerseits Interesse besteht, aber ich denke, es ist der falsche Weg, Menschen, die ob ihres kulturellen Interesses keinen Hehl machen, die vielmehr aus der Ferne Anreisen, dies im übrigen ein Unterfangen, welches mittels Bahn und ÖPNV aufgrund mangelnder Abdeckung kaum noch machbar ist (versuchen sie mal, gegen 17 Uhr in Kamenz loszufahren, um gegen 20 Uhr in Dresden ein Konzert sehen zu können und danach einen Anschlußzug nach Hause zu erreichen…), durch Stadtangestellte abzustrafen. Einfacher wäre es, ein sinnvolles Parkkonzept zu erstellen, bei dem auch private Veranstalter integriert werden könnten. Ebenso wäre eine Ausweitung des Werbekonzeptes der Stadt Dresden auf das Unentdeckte, auf die Subkultur, auf alles, was sich außerhalb der wiederhergerichteten Altstadt abspielt durchaus von großem Wert. Glauben sie mir, wenn ich ihnen sage: ein großer Teil der jüngeren Touristen kennt Dresden nur zufällig, weil es am Wege liegt. Kleiner Stop zwischen Prag und Berlin gefällig? Ah, Dresden, we know Dresden China. Doch damit ist Meißner Porzellan gemeint. Kaum ein Tourist unter 35 weiß, daß es in der sächsischen Landeshauptstadt eine kreative (Untergrund-)Szene gibt, kaum ein Besucher nimmt vor seinen zufälligen Entdeckungen war, daß Malerei, Musik, Theater & Kino nicht nur im 26er Ring vorhanden sind. Letztendlich schließt sich der Kreis nun endlich. Natürlich brauchen wir keine DWT, die sich ausschließlich der Vermarktung des Barock verpflichtet fühlt. Umsomehr brauchen wir tragfähige Konzepte um diese Stadt attraktiver zu machen. Dazu gehört die Schaffung sinnvollen Parkraums ebenso wie die Ausweitungen des Marketings auf andere Teile der Stadt und vieles andere mehr. Neustadt, Laubegast, Striesen, Hechtviertel und alle anderen Quartiere sind voller entdeckenswerter Dinge. Man muß sich nur die Mühe machen, diese entdecken zu wollen.

Diese Stadt lebt jetzt und nicht vor 300 Jahren!

Hochachtungsvoll

Mirko Glaser

Anzeige

Advenster.org

Anzeige

Lange Nacht der Angst im Hygiene-Museum

Anzeige

75 Jahre Friedenskirche

Anzeige

Agentour


Blue Note Dresden
www.jazzdepartment.com

  1. Das ist leider sehr treffend, wenn ich mir meine früheren Wohnsitze so ansehe aber auch in anderen Städten noch schlimmer als in Dresden (Zwickau ist ein ganz extremes Beispiel. Dort wird selbst ein PKW mit offenen Türen, in dem noch viel Gerümpel betreffs Umzug liegt sofort aufgeschrieben, auch wenn er nur im Parkverbot steht und das noch keine 3 Minuten. Das ist nicht nur dreist, das widerspricht sogar den Regeln.)

  2. Dem ist wirklich nix hinzuzufügen.
    Wir hatten im Sommer die gleiche Situation, als wir am Wochenende auf dem Messegelände in Dresden ein Moppedrennen veranstalteten. Es wurde draußen auf der Straße geparkt und niemanden, aber auch niemanden hat es gestört, da an diesem Wochenende keine Messeveranstaltung war. Und was macht die Stadt Dresden – kaum standen die ersten Autos, waren auch schon die Politessen da, als hätten sie auf der Lauer gelegen (was sie vermutlich auch getan haben)… Selbst wenn es jemanden gestört hätte, die Knöllchenschreiber hätten nur zu uns kommen müssen (wir waren deutlich zu sehen und vorallem zu hören), um die Situation zu klären, aber nein – über 25 Autos hatten Strafzettel dran…!!!
    Da bewies es sich wiedermal, das es in Dresden (und nicht nur in Dresden) nicht um Verkehrserziehung geht, sondern um das Erfüllen von geplanten Budgets…

  3. UND: Dresdner Musiker und Bands sowie alternative Veranstaltungshinweise in die Programme der hiesigen Lokalsender!
    Radio Dresden, MoPo oder Dresden-Fernsehen etwa dürfen sich nicht nur auf schon bundesweit erfolgreiche Dresdner wie Olaf Schubert und Polarkreis18 beschränken. Vielmehr sollten solche einflussreichen Medien sich selbst gern stark für die vielfältige nicht-klassische Kulturszene ihrer Stadt engagieren – durch intensivere Berichterstattung und Förderwettbewerbe. Bei Youtube werben manche Rapper mit ihren Songs besser für Dresden als die DWT es tat, und Dresdens riesiges Subkulturleben wirbt mehr für eine offene, freundliche Stadt als Strafgeldbescheide an den Autos unserer Gäste.

    Hier kann mit etwas gutem Willen gemeinsam leicht noch viel Positives für alle getan werden.
    Machen wir unsere Stadt zum Sympathieexportschlager Deutschlands!

  4. Ich habe mir den Brief durchgelesen und muss leider erwidern, dass ich ihn in der Umsetzung wenig gelungen finde.

    Begründung:

    Geht es um Knöllchen oder Stadtmarketing? Das sind zwei Paar Schuhe.
    Ersteres so ausführlich als Kritikpunkt für eine mangelhafte und einseitige Kulturpolitik der Stadt Dresden anzubringen, verfehlt seine Wirkung. Der „Parkraum“ erscheint mir auch nicht das grundlegende Problem, denn letztlich mangelt es der Stadt in zunehmenden Maße an einem sinnvollen Verkehrskonzept. Das schließt nun mal auch die ÖPNV ein und weiter noch die Deutsche Bahn. Darüberhinaus liegen die Ursachen für eine einseitige Kulturausrichtung nicht nur bei der DWT, auch wenn hier in den letzten Jahren einiges verschlafen wurde. Hierzu zählen eben auch die lokalen Medien und die lokalen Politiker (sitzen dort ja auch im Aufsichtsrat), aber auch WIR alle! Warum letztere? Warum organisieren wir uns nicht mehr, betreiben gemeinsam mehr PR für diese „Unterkultur“ oder warum nutzen wir nicht die Möglichkeit über friedliche Proteste, auf diese andere Seite von Dresden aufmerksam zu machen????

    Andererseits sollte man aber auch die Besucherzahlen/-strukturen kennen, die Dresden besuchen, und die sind nun mal jenseits der 50 Jahre sehr zahlreich.
    Die andere Seite der Stadt mehr publik zu machen, sollte nicht nur denen überlassen werden, die eigentlich diese Seite nicht kennen. Somit stimme ich „Stolphgang Wump“ zu.

    PS.: Allerdings, wenn ich die Neutstadt heute mit der vor fünf Jahren vergleiche, dann hat sich doch auch hier viel in Richtung Kommerz und Mainstream entwickelt. Davor sollte man auch nicht die Augen verschließen.