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Societaetstheater

Von Karottenhosen und Elefanten beim Inder

Die rosafarbenen Stöckelschuhe mit zentimeterlangen Absätzen klackern über die alten Holzbohlen. Was beim Friseur sonst ein halbes Vermögen kostet, hat diese Dame von der Natur mitgegeben: knallrot leuchtendes Haar. Das ist mühsam unter einen Hut gezwängt der wie ein übervoller Blumentopf aussieht. Die Leute an den Tischen des Biergartens hinter der Scheune unterbrechen ihre Gespräche und starren die Gestalt an.

Das blasse Gesicht versteckt sich in einem Meer von Sommersprossen, ein seidener Umhang und die rote Karottenhose ergänzen die Kleiderordnung für diesen späten Nachmittag. Ich versuche mir ein Lächeln zu verkneifen als die Schuhe im losen Kieselboden bei den Tischen einsinken. Obwohl die fast zwei Meter große Dame ins Trudeln kommt, schafft sie es halbwegs galant auf einen rettenden Stuhl. Ihr stützender Begleiter sieht mit seinem weißen Anzug fast schon normal aus – wenn da nicht seine beigefarbene Handgelenktasche wäre. Er scheint in der Beziehung nicht viel sagen zu müssen, denn die Dame redet ununterbrochen.

Die modebewussten Neuankömmlinge sitzen an meinem Nebentisch und eine Wolke intensiven Parfums raubt mir die schöne Frühlingsluft. Nach zehn Minuten wird den Beiden klar, dass hier kein Kellner nach ihren Wünschen fragt. Der männliche Part des auffälligen Duos holt Bier und zwei Snacks vom indischen Imbiss im Garten und regt sich über die Preise auf. Wegen der übertriebenen Lautstärke komme ich nicht umhin, dem weiteren Gespräch zu zuhören. Die Unterhaltung ist vom tollen Wetter und den etwas klebrigen Stühlen des Biergartens abgekommen und befasst sich nun mit der schonungslosen Taxierung der anderen Gäste.

Ein kleiner Junge hat es ihnen besonders angetan: Ein Brillenglas ist mit einem Elefantenbild zugeklebt und seine Hände wühlen schon seit Minuten in einer Currysoße. Kopfschüttelnd wendet sich die Dame von Welt ab und murmelt etwas von „antiautoritärer Erziehung“. Allerdings hat auch der Kleine die gute Gesellschaft entdeckt und geht kess auf sie zu. „Was iss’n das“, fragt der die Rothaarige und deutet auf den riesigen Hut. Er wird nicht beachtet und ich ahne was jetzt kommt: Mit den völlig bekleckerten Fingern will er an den Hut, kommt nicht so hoch und hält sich im Sturz an der Frau fest. Wie sieht die helle Bluse jetzt wohl mit Soßeflecken aus? Ich halte die Luft an und warte auf das Geschrei der entrüsteten Dame. Doch die schnappt sich den Kleinen nur, setzt ihn sich auf den Schoß und putzt ihm die Hände mit ihrer Serviette ab. Die herbeieilende Mutter des Kleinen entschuldigt sich und will den Rabauken ausschelten – doch der weint jetzt ohnehin.

Als ich gehe, sind die beiden Frauen in ein Gespräch vertieft. Der Mann im weißen Anzug hat dem Jungen gerade einen Saft gekauft. Der kleine Übeltäter lacht schon wieder und ich bin froh, dass Kleidung wenig über den Charakter aussagt.

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