Mittwoch, 18.55 Uhr am Emma No.1 auf dem Bischofsweg: Dutzende Menschen versammeln sich vor dem Spätkauf – nicht, um sich mit Getränken einzudecken und in den Alaunpark zu ziehen, sondern um die Laufschuhe zu schnüren. Woche für Woche trifft sich hier die größte deutschsprachige Lauf-Community, die Kraft Runners, um ihrem Motto zu folgen: „geil ballern“. Das Besondere: Es ist keine Mitgliedschaft notwendig.
Es ist 19 Uhr. Die letzten Läufer*innen verstauen ihre Taschen im Späti, ehe Maria und Erik, die Ambassadors der Gruppe und damit die Gesichter sowie Organisator:innen der Dresdner Crew, die Gespräche unterbrechen, um alle zu begrüßen. Wie jede Woche fragen sie, ob jemand zum ersten Mal dabei ist, und verkünden anschließend das heutige Programm sowie das Ziel. Ehe das Ziel ausgesprochen wurde, ziehen die ersten schon Richtung Alaunstraße los, um bei sommerlichem Wetter in den Rosengarten zu laufen.
Von zwei zu zwanzig – und immer mehr
Was heute wie eine eingeschworene Szene wirkt, begann ganz klein. „Am Anfang standen wir zu zweit da. Da kam niemand“, erinnert sich Erik. Erst nach und nach sei die Dresdner Gruppe gewachsen. „Wir waren das erste halbe Jahr so maximal 20 Leute all in“ erzählt Maria über die Entwicklung der Teilnehmer*innen. „Gerade am Anfang war es wichtig, dass man zusammenwächst. Und dann hat man über das Jahr verteilt gesehen, wie Leute wachsen in ihren persönlichen Leistungen“.
Auch der Weg von Maria und Erik zu den Kraft Runners begann unscheinbar während des Lockdowns. Erik stieß in einer Social-Media-Bubble auf die Bewegung. „Das hat mich super inspiriert, regelmäßig laufen zu gehen“, sagte er. Als Gründer Eugen Fink schließlich dazu aufrief, die Community auch in andere Städte zu bringen, bewarb er sich gemeinsam mit Maria als Ambassador. Maria wiederum wurde durch Social Media und eine Doku über das „Speed Project“, einen 500-Meilen-Ultra von Los Angeles nach Las Vegas, auf die Kraft Runners aufmerksam. „Ich dachte mir, warum nicht? Ich habe ja nichts zu verlieren“, sagte sie.
„Geil ballern“ statt bummeln
Die bunte Gruppe zieht die Blicke von Anwohner:innen und Tourist:innen auf sich. Es wird angefeuert, Fotos werden gemacht, manchmal sogar für einen kurzen Moment mitgelaufen. Das Wichtige dabei: Niemand wird zurückgelassen. „Wir können alle Lauflevel abdecken“, erklärt Erik. „Ob super schnell oder gerade erst angefangen – jede:r findet hier seinen Platz.“ Maria ergänzt: „Wenn man zusammen leidet und sich gegenseitig durchzieht, dann macht es einfach mehr Spaß.“ Denn anders als bei vielen anderen Running Clubs stehen bei den Kraft Runners keine Social Runs, also Dauerläufe, im Mittelpunkt – hier geht es um Intervalle.
Im Rosengarten angekommen, heißt es erstmal: Aufwärmen. Ohne ein Wort zu sagen, bildet sich routinemäßig ein Kreis. Zwischen Steffen Bachmanns Skulptur „ani:mal“ und schwülen 25 Grad beugen sich alle nach vorn, greifen die Zehen, lockern Schultern und Hüfte. Erik und Sandra geben die Übungen vor, mal mit Zuruf, mal mit bloßem Vorzeigen. Beim konzentrierten Mitmachen verstummen langsam die letzten Gespräche, bis die Gruppe bereit ist für das Intervallprogramm.
Schweiß zwischen den Rosen
Zwischen Rosenbeeten und Jugendlichen, die auf den Bänken sitzen und zuschauen, beginnt das eigentliche Programm: eine Runde locker, eine schnell, zwei schnelle, wieder eine lockere – 25 Minuten lang im ständigen Wechsel. Die Gruppe läuft gestaffelt los und zieht ihre Runden, während alle ihr Bestes geben und sich gegenseitig antreiben, immer noch ein Stück schneller zu werden.
Während die letzten Minuten der Intervalle angesagt werden, herrscht Motivation und das Tempo steigt. Nachdem die ersten Läufer:innen die letzte Runde beendet haben, lässt sich zwischen der Anstrengung viel Erleichterung und ein zufriedenes Lächeln in den Gesichtern finden. Der Heimweg wird langsam angetreten, um bei sommerlichen Wetter das Eigentliche macht, wofür man zum Spätkauf geht: ein Kaltgetränk genießen.
„Support your Locals“
Während die Schlange im Emma No.1 immer länger wird, beginnt sich die Traube der Menschen auf dem Bischofsweg zu vergrößern. Neben ausgelassenen Gesprächen über Alltagsthemen und Lauferfolgen frage ich Maria und Erik nach der Zukunft der Dresdner Kraft Runners.
„Ich glaube, wenn wir einfach so eine coole Gruppe bleiben, wie wir es sind, wäre es schon gut“, sagt Erik. Für Maria ist klar: „Eine offene, große Community, wo sich jeder willkommen fühlt – das soll immer das Ziel sein.“ Vor allem die Gemeinschaft steht dabei im Vordergrund. „So ein bisschen mehr Community-Events wieder zu machen, wo es nicht nur um Leistung per se geht, sondern um eine schöne Zeit zusammen – das ist das große Ziel für die kommende Zeit“, ergänzt Erik.
Jeder, der auch am Mittwochabend seine Laufschuhe schnüren will, sei herzlichst willkommen. „Komm vorbei, du bist immer willkommen“, sagt Erik. „Und am Ende gibt’s auch immer noch ein Getränk – support your locals“, ergänzt Maria mit einem Grinsen.
Kraft Runners
- Mittwoch, 19 Uhr
- Emma No.1, Bischofsweg 32, 01099 Dresden