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E-Scooter – Grüner gehts nicht!

Der E-Scooter-Test für die Neustadt (Foto: Anton Launer)
Der E-Scooter-Test für die Neustadt (Fotos: Anton Launer)
Seit einigen Wochen flitzen sie durch die Dresdner Straßen. Die neuen E-Scooter sollen den Autoverkehr in der Stadt verringern. Inwieweit sie auch neustadttauglich sind, hat das Neustadt-Geflüster getestet.

Er steht am Albertplatz in Reih und Glied, zwischen anderen Rollern und wartet auf eine neue Gefährtin. Er sieht trendy aus – ist grün-weiß und verspricht mir: Ich bin umweltfreundlich. Der E-Scooter von der Marke Lime wird mich für eine Stunde durch die Dresdner Neustadt kutschieren.

Um den E-Scooter freizuschalten, muss ich den QR-Code scannen. Ohne Smartphone geht da nichts. Danach gibt mir der kleine elektronische Roller eine Einleitung, wie ich Gas gebe und bremse. Er erklärt mir, dass ich nicht downhill fahren darf und mich möglichst auf Radwegen bewegen sollte.

Ich stutze, als er mich fragt, ob ich mindestens 18 Jahre alt bin und einen Führerschein besitze. Denn per Gesetz sind die elektronischen Roller für alle ab 14 Jahren erlaubt (in Dresden gibt es jedoch eine freiwillige Vereinbarung mit der Stadt dazu).

Am Albertplatz darf man den E-Scooter nur schieben.
Am Albertplatz darf man den E-Scooter nur schieben.

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Schon das Schild „E-Scooter frei“ gesehen?

Nach der Einführung geht es los, aber leider nicht rollend, sondern schiebend, denn der Albertplatz ist eine Fußgängerzone mit dem Schild „Radfahrer frei“ . Damit ich dort rollern dürfte, müsste noch der Zusatz stehen: „E-Scooter frei“. So ein Schild hab ich bisher noch nicht in Dresden entdeckt.

Also muss ich erstmal schieben und darf mir sofort den Kommentar eines Fußgängers anhören:

„Die sind nicht zum schieben, sondern zum Fahren.“

Auf der Alaunstraße mache ich mich bereit

Mit Helm, Ellenbogen- und Knieschützern bin ich bestens ausgerüstet, man weiß ja nie. Die Verkehrsunfälle mit E-Scootern mehren sich seit der Zulassung Mitte Juni in Deutschland. Mit meiner Schutzausrüstung versuche ich den Roller zu starten, drücke den Gashebel links am Lenker und… es passiert nichts. Erneuter Versuch. Es passiert: nichts. Ich beginne zu rollern, wie beim normalen Roller, beschleunige auf 5 km/h und drücke erneut den Gashebel – huch – der Bauch kribbelt – auf einmal rase ich durch die Alaunstraße mit 16 km/h, die Neustadt fliegt an mir vorbei. Und wie bremse ich jetzt? Ich erinnere mich an das Einführungsvideo und stoppe den Roller durch meinen Fuß am Hinterrad.

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Während ich mitten auf der Alaunstraße stehe, werden mir amüsierte Blicke von links und rechts zugeworfen, selbst die Polizist*innen schauen mich neugierig an – anscheinend hab ich es doch mit meiner Schutzmontur übertrieben. Dann denke ich an die ersten Meldungen über schwere Unfälle teils sogar mit Todesfolge und bin stolz auf meinen Helm.

Ich starte den E-Scooter erneut – etwas langsamer und biege rechts auf die Louisenstraße ab. Dort umfahre ich im Slalom die Schlaglöcher. In meiner Spielerei vergesse ich die Autofahrer hinter mir völlig. Ich merke es erst, als einer stinkig an mir vorbeifährt. Ist der e-Roller vielleicht doch eher Spielzeug als tatsächliches Gefährt?

Der E-Scooter-Test für die Neustadt fällt auf der Louisenstraße holprig aus.
Der E-Scooter-Test für die Neustadt fällt auf der Louisenstraße holprig aus.

Nach der soziale Ecke wird es holprig auf der Louisenstraße. Pflastersteine scheint der Roller nicht zu kennen, mein Kopf ist ganz durchgeschüttelt und schon jetzt vermisse ich ein Fahrrad mit Federung. Meine Testfahrt führt mich weiter zur Prießnitzstraße. Hier sind die Bedingungen perfekt – glatter Asphalt – weit und breit niemand zu sehen – ich beschleunige und beschleunige und fühle mich wie Superman, der nun alles hinter sich lässt. Vor mir biegt eine Radfahrerin in die Straße ein: „Die krieg ich“, denke ich. Ich beschleunige weiter, aber die Radfahrerin entfernt sich von mir. Ich schau auf den Tacho: 19 km/h – das ist das Maximum.

Auf dem Bischofsweg angekommen, folgt der nächste Test: Ein Berg!

Von der Prießnitzstraße geht es hoch hinauf, Richtung Alaunpark. An die 15 km/h schafft der kleine Roller. Nicht schlecht – ob ich das mit dem Rad geschafft hätte, sei dahin gestellt und vor allem: Ich komme ohne eine Schweißperle auf der Stirn oben an. Am Bischofsweg ziehe ich eine Autokolonne hinter mir, denn hier gibt es keinen Fahrradweg. Um ihnen auszuweichen, will ich auf die Alaunstraße abbiegen, doch wie? Meine Hände vom Lenker nehmen ? – Niemals!

Ich strecke einen Fuß nach links. Hoffentlich versteht mich die Autofahrerin hinter mir. Es scheint zu klappen. Langsam biege ich in die Alaunstraße ein und mache den letzten Test: Bergab! Tatsächlich beschleunige ich auf enorme 20 km/h – die erlaubte Höchstgeschwindigkeit! Während ich mich noch freue, überholen mich gleich drei Radfahrer*innen.

Zurück am Alberplatz stelle ich den Roller zu seinen Genossen zurück– es steht immer noch die gleiche Anzahl wie vorher da. Und auch während meiner Fahrt habe ich keinen E-Roller-Gefährten angetroffen – nur stehende Roller, die den Fußweg versperren. Ist der Bedarf doch nicht so groß?

Grüne Roller – falsche Farbe gewählt?

Die E-Roller sollen den Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel erleichtern, weil so der letzte Kilometer von daheim bis zur Haltestelle oder von dieser bis zum Büro überbrückt wird. Aber auch wenn die Roller grün sind, grüner als das zu Fuß gehen, ist das Rollern nicht. Irgendwo muss ja auch die Energie für den Akku herkommen – und zwar nicht nur aus erneuerbaren Energiequellen. Der us-amerikanische Hersteller Lime wirbt mit dem Spruch „nachhaltig ans Ziel“ und will eine Mobilitätswende erreichen- die Herstellung mit konfliktträchtigen Rohstoffen und die Entsorgung der E-Scooter wurden dabei wohl nicht berücksichtigt Auch die Produktion der Akkus verbraucht viel Energie – und diese kommt aus fossilen Quellen. Da sieht die Ökobilanz ziemlich schlecht aus. Die Lebenszeit sieht auch nicht besonders grün aus. Lime zufolge beträgt die Lebensdauer ungefähr vier Monate.

Also kurzlebiger Elektroschrott, der auch noch teuer ist?

Denn die Überraschung ist groß. Zwar klingen 20 Cent pro Minute nach nicht viel Geld, aber für 45 Minuten heißt das: 10 Euro, bitte (inklusive einem Euro für das Entsperren). Wo bleibt da die Mobiltätswende für alle? Mit dem Geld könnte ich mir fast zwei Tageskarten der Verkehrsbetriebe kaufen. Also nur ein Hype für Besserverdiener*innen?

Was passiert mit den wertvollen Daten?

Zuletzt stellt sich noch die Frage zum Datenschutz, denn ohne Zweifel:die Daten sind besonders wertvoll: Von wem, wann, wo wurde der E-Scooter geliehen, wohin ist man gefahren, wo hat man sich wieder abgemeldet? Wer ist nebenher gefahren? Alles Daten, die gesammelt, gespeichert und nicht transparent gemacht werden. Was der Hersteller Lime damit macht, weiß man nicht. In China verdient man auf jeden Fall mehr mit dem Verkauf der Kundendaten, als mit dem Ausleihvorgang selber.

Ist der E-Scooter wirklich so grün?
Ist der E-Scooter wirklich so grün?

Meine Bilanz: Ich bleib beim Fahrrad.

Es ist schneller, kostenlos und vor allem da verbrenne ich noch ein paar Kalorien, denn wie wir wissen, sitzt unsere Gesellschaft sowieso viel zu viel. Trotzdem rate ich jedem: Einmal Rollern lohnt sich – mit so einem Roller die Stadt entdecken ist bestimmt entspannt, aber vielleicht muss es ja nicht elektrisch sein. Besser als Autofahren ist der E-Scooter allemal – auch in der Neustadt.

Die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung trat am 15. Juni 2019 in Deutschland in Kraft. Nun dürfen E-Scooter auf öffentlichen Straßen unterwegs sein. Ende Juli stellte das US-amerikanische Unternehmen Lime die ersten E-Scooter auf die Dresdner Straßen. Der schwedische Konkurrent VOI will mit seinen schwarz-roten Modellen bis zum Jahresende nachziehen.

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18 Kommentare

  1. 15 Cent die Minute?
    Sind es nicht eigentlich 20 Cent pro Minute + 1€ das entsperren ?

    Ich muss dazu sagen ich fahre regelmässig damit, stelle diese natürlich immer da ab wo sie nicht stören…
    Habe aber auch 50% Ersparnis :)

  2. Grüner geht’s immer. Da gibt es Studien, die zeigen, dass die Roller nicht das Auto ersetzen, sondern vor allem Strecken, die man sonst zu Fuß gegangen wäre.

  3. Wenn man in die Bilanz einbezieht, dass die Roller von Kleinbussen zur Aufladung abgeholt werden, die Akkus natürlich mit seltenen Erden aus der dritten Welt samt Ausbeutung gebaut werden, die auch erst mal zu den Fabriken ( In Ostasien z.B.) verschifft werden müssen, und damit in zwei Kontinenten Ausbeutung fördern, in einem zumindest Fluchtursachen, ist das natürlich vordergründig super öko!
    Mal abgesehen von dem Aspekt, dass es meist nicht „die letzte Meile“ ist, sonder es um Spaß geht.
    Nachhaltigkeit sieht ganz anders aus!

    Aber hey, wenn grüne über Abforstung klagen, aber in der Realpolitik Mitschuld an der Abholzung des Hambacher Forsts tragen, sind E-Scooter natürlich super!

    Ansonsten finde ich die Konstellation an Kreuzungsecken inzwischen oft eigenartig:
    Früher: Auto parkt asozial an den Ränder der Ecke.
    Heute: Roller parken asozial an den Rändern der Ecke. Auto muss in der Mitte parken.

    Aber natürlich volles Verständnis. Autofahrer haben natürlich immer das Recht überall zu parken!

  4. Auf Dauer wird es nicht funktionieren, dass die E-Roller an nahezu beliebiger Stelle auf den Gehwegen abgestellt werden. Eine Alternative sind markierte Abstellbereiche, die mit der Stadtverwaltung abgestimmt werden. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Forderung nach einer verbindlichen Regelung zur Nutzung solcher Abstellflächen stärker wird. Bei Nichtbeachtung müsste es auch Sanktionen geben – ggfs. zu Lasten der E-Roller-Anbieter, die unzuverlässige Kunden für die weitere Nutzung sperren können.

  5. Blablabla. Da laufen die Ököbilanzbewussten reihenweise in den Biomarkt, meinen damit die Umwelt zu retten und haben alle ihr Auto vor der Tür stehen, was sie täglich bewegen. Sie meckern über den Akku, den Roller, sie meckern sowieso. Meckert weiter, geht auf Demos und ernährt euch täglich von Möhren und Tofuwürstchen! Selbst gewähltes Leid. Ich lebe und will Spaß haben, ich will nicht jeden Schritt des Tages überdenken, ob der Umweltverträglich ist. Dann hätte ich keinen Spaß mehr am Leben. Will ich nicht! Ich finde die Roller cool und sie sind eine echte Alternative. Nur Grünzeug jeden Tag macht einsam. Ich wurde nicht geboren um die Welt zu retten, ich gebe mir Mühe zu tun was nötig ist. Ich habe das Recht darauf Spaß zu haben und sei es der Lime Roller, der mich durch die Stadt bringt. Ich finde es cool und Möhren konnte ich noch nie leiden :-)

  6. Hallo Manuela,
    Wer hat Dir denn das Recht auf rücksichtslosen Spaß verliehen? Recht auf Leben, Nahrung usw kenn ich als universelle Menschenrechte, Recht auf Spielzeug jetzt nicht so…
    Du sagst
    Du willst die Welt nicht ändern
    Und ich frag mich, wie machst du das nur
    Du bist doch kein Geist in der Flasche
    Und du bist auch kein Loch in der Natur
    Denn nach jedem Schritt, den du gehst
    Und nach jedem Wort, das du sagst
    Und nach jedem Bissen, den du isst
    Ist die Welt anders als sie vorher war

    Rio Reiser

    Und nein, ökologisches und überhaupt Bewußtsein beschränkt sich nicht auf Möhren vom Biomarkt, vor dem ich übrigens meist mehr Fahrräder als auf dem Netto-Parkplatz Autos sehe!

  7. @Manuela
    So gesehen ist mir meine Ökobilanz auch nur teilweise wichtig.

    Ich wollte nur darauf aufmerksam machen, dass nicht alles wo öko drauf steht auch öko ist!

    Viel Spaß beim Fahren! :o)

  8. Prinzipiell is der Umweltgedanke ja wirklich ein guter, nur finde ich die Sache mit den Scootern deshalb nich doll, weil die Leute ja auch wieder zur Faulheit angeregt werden, anstatt auch den gesundheitsgedanken der Bewegung mit ein zu beziehen! Da lieber ein paar mehr und günstigere Räder hin gestellt und diese auch meinetwegen mit Antriebsverstärker, und wieder an verbindlichen (markierten) Plätzen abgestellt als sich auf -hoch lebe die Bewegungsfaulheit- die selbstfahrenden Gefährte zu stellen

  9. Hargharg, wie kann man so verbissen auf sein ‚Recht auf Spaß‘ bestehen, das is ja Hirnverknotung im Quadrat

  10. @Manuela:
    Lass dich nicht ärgern, ich bin froh, dass es abseits von Hardcorelinken, Anton Launer und Leuten mit multipler Persönlichkeitsstörung noch einige halbwegs vernünftige Menschen hier gibt.

  11. Jo, keinesfalls ärgern und das einfältige Weltbild, das vollgestellt ist mit Ökoterroristen, Spaßbremsen und linksgrünversifften Körnerfressern (mit Persönlichkeitsstörung, klar), in Frage stellen lassen. Denn nur wenn der Gegner bekannt ist hat der Tag Struktur. Weitermachen!

  12. Mal abgesehen davon daß mich die Ausbreitung dieses Elektroschrotts ziemlich nervt, finde ich es putzig wie sich die Dame auf den Fotos mit Schützern aller Art ausgestattet hat aber in Flip-Flops rumfährt. Das ist fast so sicher wie mit Sandalen Motorrad zu fahren, aber wie sagte Mutti immer so schön? ‘Sind ja nicht meine Knochen und wenns weh tut wirst du schon an mich denken ‘
    Gut für die Umwelt sind die Teile und das Geschäftsmodell mit ihnen ganz sicher nicht, aber Hauptsache man kann es der ganzen hippen Gesellschaft so verkaufen.

Kommentare sind geschlossen.