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Brüllen statt flüstern

Es donnert in meinen Ohren. Tausende Stimmen brüllen gleichzeitig. Zuerst “Dy”, dann Stille, dann “na”, Stille, dann “mo”. Die Fans in der gegnerischen Ecke sind baff und das zivilisierte Publikum klatscht dem Fanblock Beifall. Mir hüpft das Herzchen und ich hab mitgebrüllt.

Moment mal, was sucht denn der Neustadt-Flüsterer beim Fußball, was will er uns denn jetzt erzählen. Der Einwand ist berechtigt und bekanntlich steht das Stadion ja auch weit drüben, auf der falschen Elbseite. Die Geschichte führt zurück zum Alaunpokal. Co-Autorin Lotte hatte sich das Geschehen vor Ort angesehen und grölende und böllernde Dynamo-Fans ausgemacht. Das führte zu einer umfangreichen Diskussion und Leser “falky” forderte: “Zieht Euch maln Stock ausm Ar***” Und um mir zu beweisen, dass viele der Vorurteile über Dynamofans veraltet seien, lud er mich ein, mal mitzukommen (Neustadt-Geflüster vom 22. Mai 2011).

Also haben wir uns auf der Rothenburger getroffen, in die Bahn gezwängt und vor dem Stadion noch schnell ein richtiges Bier gekippt. Dort hörte ich dann auch den lustigsten Spruch des Tages. Zwei Union-Fans schlichen am Eingang vorbei und neben mir gröhlte ein etwa 50-jähriger Mann: “Eure Eltern geh’n zum BFC”. Köstlich!

Stimmung im K-Block
Stimmung im K-Block - Anklicken zum Vergrößern.
Drinnen dann staunte ich, dass der Block schon eine reichliche Stunde vorher gut gefüllt war. Das Sitzplatzpublikum lässt sich da mehr Zeit. Schon vor dem Anpfiff heizten ein paar Einpeitscher den Massen ein. Viele der Gesänge waren mir neu, war ich doch bestimmt schon zwanzig Jahre nicht mehr im Dynamo-Fanblock. Überrascht hat mich die Friedlichkeit. Ich hörte weder rassistischen noch Nazikram. Auch nach dem obligatorischen “Sieg”-Ruf blieb das “Heil” aus. Keine gestreckten rechten Arme. Sollte Dynamo mit dem neuen Stadion und der zweiten Liga endlich in der Normalität angekommen sein? Falky meint zu mir, dass solche Deppen schon seit einer Weile nicht mehr dabei seien. Von anderer Seite erfahre ich, dass Schiedsrichter das Spiel abbrechen sollen, wenn es rassistische Fangesänge gibt. Gut so!
Toller Blick auch vom Stehplatz aus.
Toller Blick auch vom Stehplatz aus. Anklicken zum Vergrößern.
Mehr und mehr fallen meine Hemmungen und ich gröhle kräftig mit. Am Ende des Spiels schmerzen Hände und Stimmbänder. Um die zu pflegen, setzen wir uns noch auf ein Bierchen vors „Istanbul“. Dort treffen wir einen Union-Fan und sofort wird diskutiert und analysiert. Herrlich wie sich der „Gelbe“ und der „Rote“ verstehen. Einziger Nachteil des Ausflugs, dank der vielen Brüllerei, zu der ich mich anstecken ließ, kann ich am nächsten Tag nur noch flüstern. Aber das wird ja auch von mir erwartet.

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28 Kommentare

  1. Als ich Dich in der Bahn gesehen hab dacht ich mir so, hmmm der Herr Launer geht auch ins Stadion, das hättste jetzt aber nicht gedacht von dem… ;-)

    Da hast Du Dir ja das richtige Spiel rausgesucht!

  2. Ich finde super dass in letzter Zeit alles friedlich läuft. So haben die “dummen” Wessi Zeitugen nichts zu schreiben. Das war ja fast nicht auszuhalten die Jammerei als Dynamo, Rostock & Co in die 2. Liga gekommen sind. Da hies es, es wird viele Randale geben und blah, blah, blah…

    Abgesehen davon, brennt bei Dynamo, Cottbus,… ein Bengalo, so sind das Raudis. Brennt in Schalke eins, so wird das südländisches Flair genannt. :(

  3. Zuerst mal Danke für diesen Beitrag! Vielleicht trägt er ja dazu bei, Vorurteile gegenüber Dynamo abzubauen.Ja,Fussball ist laut,emotional und von mir aus auch prollig. Na und?
    Die Fans, welche da zu jedem Heimspiel ins Stadion gehen, machen das weil Sie diesen Verein lieben. Sie verbinden mit Dynamo weit mehr als nur Fussball. Klar, man muß schon ein Stück weit bekloppt sein, sich dort Woche für Woche die Stimmbänder zu ruinieren, aber Sie sind doch noch lange keine Kriminellen oder Chaoten deswegen. Natürlich gibt es, wie in jedem Verein, auch bei Dynamo ein paar Schwachmaten, welche den Fussball nutzen um Ihre Frühpupertäre sexuelle Frustration irgendwie abzubauen.Aber, auch Dank der Ultras, die entgegen Ihrem schlechten Ruf den Laden ganz gut im Griff haben, muß keiner Angst haben zu Dynamo ins Stadion zu gehen. Und wer es halt nich mag, lässt es bleiben. Auch nich schlimm, mittlerweile bekommt man eh nur schlecht Karten!Übrigens hatte ich am Freitag meinen 6-jährigen Sohn mit im K-Block, und glaubt mir, hätt ich da im Vorfeld auch nur die geringsten Bedenken gesehen oder wäre ich mir nich zu 100% sicher gewesen, das Er da nich mit irgendwelchen Vollpfosten rumstehen,oder sich irgendwelchen rassistischen oder Nazischeiß anhören muß, dann hätt ich das so nicht gemacht. Also Vorurteile abbauen und am Sonntag, egal ob aus Prohlis oder der Neustadt, ab ins Stadion!

  4. Danke für den schönen Beitrag.
    @Aquii Das nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen ist, dürfte klar sein. Es ging mir persönlich eher darum zu zeigen, dass Dynamofans keine Horde grundsätzlich brutaler Menschenfresser sind, wie es leider noch viel zu oft dargestellt wird. Das scheint zumindest für den Moment gelungen ;-)
    War sehr angenehm mit dem guten Anton, gerne wieder.

  5. ich war auch im stadion. ein fussballfest sondergleichen! wunderbare stimmung, tolle gästefans, schönes spiel!

  6. Es ist schön, endlich mal einen freundlichen Beitrag zu lesen über unsere Dynamos! Leider ist das nciht schon seid der 2.Liga so, auch vorher war es schon friedlich. Natürlich nicht immer…
    Aber meist sind es gar nciht die Dynamos, sondern “Gewalt Orientierte Jugendliche”, die mit dem Verein gar nichts zu tun haben! Aber da kann man als Fan nun leider auch nciht viel dagegen machen…
    Und das sollte man mal berücksichtigen!
    Mich stört es nur das wenn die Fans der SGD mal ausgelassen feiern, das sich dann alle gleich beschweren…
    Nach dem Aufstieg in die 2.Liga wurde bis 5-6Uhr in der Neustadt gefeiert und da gab es einige die sich darüber aufgeregt haben! Aber wenn dann BRN ist, ist das alles ok… auch so ist ja am WE in der Neustadt immer bis weit nach dem Sonnenaufgang was los, warum sollten dann nicht auch mal die Mädels und Jungs der SGD aus gediegen feiern?

    Leider haben die meisten immer nur die Schlechte Presse im Kopf und überzeugen sich nicht mal selber davon! Denn es sind alle Gruppen im Stadion anzutreffen… Reich, Arme, Kinde, Opis, Ärzte, Studenten etc. und sie feiern gemeinsam!

    Ich finde es schön das du dich in “Die Höhle des Löwen” getraut hast! Und bedanke mich für deine ehrlichen offenen Worte. Man hofft das nun auch mal die anderen mit wach gerüttelt werden, das wir, die Fans der SGD ganz normale Menschen sind…

  7. @Anton Ja das kann sein, ich meine aber die Personen die sonst auch laut feiern bis tief in den Tag rein und wenn es dann mal andere sind, wird der Zeigefinger gehoben ;)

  8. http://soloultrasgd.blogsport.de/

    leider gab es an dem tag einige unangenehme vorfälle, siehe obigen link.
    die einschätzung dieser gruppe lässt die positive wahrnehmung der fanzszene in anderem licht erscheinen.
    solche aktionen werden außerhalb der insider fanszene kaum bekannt gemacht.

  9. natürlich darf mensch nicht alle “dynamos” über einen kamm scheren. allerdings gab und gibt es immer wieder situationen in denen menschen, die nicht in das kleingeistige weltbild einiger (weniger?) passen, bedroht oder angegriffen werden. meist findet dies aber außerhalb des stadions, und somit außerhalb der öffentlichkeit statt.
    wenn dynamo spielt und ich mit der bahn gen tu/slub will/muss, ist abducken und hoffen angesagt, da die denkzwergdichte an diesen tagen überproportional zum alltag ist. beim letzten pauli-auftritt(2006?) war ich das erste mal in meinem leben froh die “heißgeliebten” robocop’s zu sehen, besser, in der bahn zu haben. zudem ist es für “unsereins” gesünder, sich vorher schlau zumachen ob und wann die (“sonder-“)züge ankommen/abfahren, auch die der gäste-fans, wenn mensch am wochenende dresden mal per bahn verlassen will.

  10. Plumps, wie dir sicher klar ist, behandelt der verlinkte Blog Streitereien innerhalb der Ultrà-Szene. Und, so zersetzend, widersinnig, blöd und verurteilenswert diese auch sind, ist das der allerletzte Ort, der durch einen Aufstand der Anständigen von außerhalb auch nur ansatzweise verändert werden könnte.

    Die Gesamtwahrnehmung ist und bleibt erstmal positiv, weil Affenlaute, Nazikram, Straßenschlachten, Wasserwerfereinsätzen, und alles sonst, was Anton regelrecht verzweifelt im Stadion gesucht hat, Gottseidank der Vergangenheit angehören. Das ist teilweise auch ein Verdienst der Fanszene im Allgemeinen. Ultrà-Streitereien aber bleiben Ultrà-Streitereien und haben als solche mit nicht in dieser Form organisierten Fans auch nichts zu tun.

    Im “Über Uns” der Solo Ultrà SGD zählt die Gruppe übrigens auch den Einsatz von Pyrotechnik zu ihren Mitteln. Dir ist klar, dass selbst das, in Ermangelung richtiger Krawalle, mittlerweile ausreicht, um über die Maßen Negativschlagzeilen zu generieren, oder?

  11. Mich würden mal die Hintergründe interessieren.
    Der reisserische Schreibstil und eine deaktivierte Kommentarfunktion sind da wenig hilfreich ;-)

  12. “Dir ist klar, dass selbst das, in Ermangelung richtiger Krawalle, mittlerweile ausreicht, um über die Maßen Negativschlagzeilen zu generieren, oder?”

    Na das halte ich aber für regelrechte Augenwischerei… München (Februar 2011) – Babelsberg (April 2011) – Osnabrück (Mai 2011)…Beschädigungen für ca. € 25000 – Tritte, Schläge etc. gegen “Zivilisten” und Grünmännchen – herausgerissene Sitze etc. – für meine Begriffe kann dergleichen durchaus als “Krawall” bezwichnet werden.
    Erneut: einen solchen Ruf, wie ihn SGD “genießt” bekommt man nicht einfach so “geschenkt” – den “erarbeitet” man sich!
    Es ist sehr erfreulich, daß zumindest im Dresdner Stadion mittlerweile eine euphorische aber dennoch nicht gewalttätige Stimmung überwiegt und so Sachen, wie die weiter obien aufgezählten “nur” (oder eben vornehmlich) auf Auswärtsfahrten geschehen – das Gejammer a la “Alle sind gegen uns, dabei sind wir doch mittlerweile sooo prima und friedlich und harmlos und dufte…”, das nervt leider enorm.

  13. Ulrich, übertrieben, gewiss, aber wer glaubt, dass Braun zu den Vereinsfarben der SGD gehört, hält meist auch Bengalos für Randale.

    Ich weiß, dass Dynamo in der letzten Saison Spitzenreiter im Strafezahlen war. Es ist auch klar, dass der Auftritt einiger Fans außerhalb der Stadt noch sehr zu wünschen übrig lässt. Es gibt sogar für Freitag von Seiten der Unioner Berichte von Übergriffen auf deren Rückweg zu Bahnhof und Parkplätzen. Da gibt es keine Entschuldigungen. Und deswegen verbietet sich das Gejammer von selbst.

    Aber hier ging es ja vorrangig darum, dass man als Neustädter in Dresden ohne Gefahr für Leib und Leben zu Dynamo gehen kann. Und das klappt problemlos.

    Außerdem ist gerade das zweite Brisanzheimspiel dieser Saison glimpflich über die Bühne gegangen. Das ist schonmal was. Denn natürlich dauert es länger, einen solchen Ruf zu verlieren als ihn zu verdienen, und gerade in dieser Saison ist die Rückfallgefahr recht groß. Momentan (!) jedoch gibt es kaum einen Grund, den Club und seinen Anhang nicht auf einem guten Weg zu sehen.

  14. Klasse, dass der Autor so überrascht war, dass im Block nicht die Nürnberger Rassengesetze aushingen! Aber ohne kleinkarierte Vorurteile und spießiges Moralgetue wäre das Leben doch nur halb so schön, oder?

  15. @ Lord Mö… äh Böserich:

    Es ist nicht sooo lange her, daß man auch im Harbig-Stadioninnenbereich mit mannigfaltigen Formen dumpfen Geblökes überzogen wurde – aber ohne Böserich´sches Kluggesch… wär das Leben doch nur halb so schön, oder?

    Gibt es eigentlich irgendwas, wozu Sie nicht die ultimative – um nicht gar zu sagen, die Endlösung haben? Wußten Sie eigentlich schon von Jeher Bescheid, oder hat sich das erst im Laufe der (Nachkriegs)Jahre ergeben?
    Dürfen wir künftig auch Dr. Allwissend sagen?

Kommentare sind geschlossen.