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Die Brockhausstraße

Die Brockhausstraße führt von der Bautzner Straße an der Saloppe vorbei hinunter an die Elbe zum Körnerweg
Die Brockhausstraße führt von der Bautzner Straße an der Saloppe vorbei hinunter an die Elbe zum Körnerweg

Im Dickicht nahe der Saloppe verbirgt sich eine Straße, deren Namen ihr ein wichtiger Verleger eingebrockt hat.

Die Komfortzone Neustadt zu verlassen, ist nur in seltenen Fällen notwendig. Auf etwa doppelter Fußballfeldgröße ist hier alles vorhanden, was für das Bestreiten eines abwechslungsreichen Alltags notwendig ist. Aber wenn der Himmel gerade so schön grau ist, lohnt sich ein sonntäglicher Ausflug in den ersten kalten Herbstregen hinaus auf die Bautzner Straße. Die Waldschlösschenbrücke hat dieselbe Farbe wie der Himmel, ein Pärchen hält Händchen unterm Schirm und ortskundige Herren mit Hut und eierschalenfarbenen Mänteln schleppen die letzten Kilos Steinpilze aus der Heide. Sie sehen dabei sehr ernsthaft aus.

Der Weg zur Sommerwirtschaft.
Der Weg zur Sommerwirtschaft.

Die Brockhausstraße ist ein Relikt des Verleger-Ruhmes Friedrich Arnold Brockhaus’, dessen Sohn Heinrich ein Grundstück an dem eher unscheinbaren Weg erwarb. Das war im Jahr 1847. Wohnhaft war die Familie allerdings in Leipzig. Das lauschige Gartengrundstück war Heinrich ein ruhiger Gegenpol zur turbulenten Messestadt, wie Günther Klime auf dieser inzwischen verschollenen Website ausführt. Als Reminiszenz an die Verdienste des Verlegers Brockhaus (dessen bekanntestes Produkt das vielbändige, gleichnamige Nachschlagewerk ist) entschloss sich die Gemeinde Loschwitz zur Benennung der Straße. Die Familie revanchierte sich mit stattlichen 300 Mark, die die Gemeinde wiederum an den Armenausschuss weitergab.

Getrübt wird der romantische Blick auf die Waldschlösschenbrücke nur von der hervorstechenden Frauenkirche.
Getrübt wird der romantische Blick auf die Waldschlösschenbrücke nur von der hervorstechenden Frauenkirche.

Das bewaldete Grundstück neben der holprigen Pflasterstraße macht heute einen verwilderten Eindruck. Der einst gepflegte Garten soll mit seinem Blick auf die Elbe Richard Wagner bei der Arbeit an seinen Tannhäuser zu Inspirationen verholfen haben – das Grundstück kann also offiziell als gewagnert betrachtet werden. Über dem mit Eulenschildern versehenen Urwaldgarten spannt sich der Himmel dramatisch und wagneresk. Zeit den Blick zu erheben gen Saloppe, der stillen Herrscherin über Rauschzustände im Grünen. Wohlvertraut künden Plakate von DJ Shantel, der im November sein nächstes Heimspiel mit Pelzmütze in den erfahrungsgemäß immer zu kleinen Räumlichkeiten abhalten und das digitale Theromometer zu neuen Höchstleistungen stimulieren wird. Legendär auch die Dirty-Dancing-Partys, die wohl nur in der Saloppe keinen Fremdschämeffekt auslösen.

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Blick auf das Wasserwerk Saloppe: "Hier enstehen 30 Einzelwohnungen. Zum Schnäppchenpreis von etwa 4.800 Euro pro Quadratmeter.
Blick auf das Wasserwerk Saloppe: “Hier enstehen 30 Einzelwohnungen. Zum Schnäppchenpreis von etwa 4.800 Euro pro Quadratmeter.

Mit dem grinsenden Hirsch im Rücken geht es bergab in Richtung Saloppe-Wasserwerk, Veranstaltungsort des alljährlichen Seifenkistenrennens “Prix de Saloppe”. Verwunschen und düster thront das Wasserwerk schlossartig über dem Radweg – ein weinrotes Schild kündet von dem Luxus, der bald einziehen wird, gefolgt (so das Gerücht) von Kurt Biedenkopf. Bereits 2013 wurde das Objekt an einen bayrischen Investor verkauft. Das Hochwasser ließ die Baupläne vorerst absaufen, aber jetzt fließt die Pinke wieder in den alten Kasten, der 2016 wohnlich hergerichtet sein wird, inklusive Flutmauer und Stellplätzen. Übrigens: Ex-Sachsen-König Kurt wird wohl nicht einziehen. Gegenüber fließt der braunfarbene Eisenbornbach in sein steinernes Becken, von oben fließt der Regen, es fließt die Elbe.

Ein paar Kanuten auf dem Fluß harren unter einer Plane aus und werden Richtung Waldschlösschenbrücke geflößt. Die erfreut sich bei Niederschlag akuter, temporär begrenzter Beliebtheit bei Fußgängern und Fahrradfahrern. Ich wähle eine Pappel als Unterschlupf. Beim Losradeln stelle ich fest, dass auf der anderen Seite des Baumes, wie gespiegelt, ein nasser Wandersmann gestanden hatte. Hätte man das gewusst – der kalte Herbstregen wäre erträglicher gewesen.

Häuschen an der Brockhausstraße
Häuschen an der Brockhausstraße

Die Brockhausstraße

Straßen und Plätze im Ortsamtsbereich Neustadt

18 Kommentare

  1. Guter und informativer Beitrag. Danke dafür.
    Aber eine Frage quält mich schon länger: Wo zieht Ihr eigentlich die Grenzen der Neustadt? Wenn die Brockhausstraße zu Loschwitz gehört, dann richtet sich das sicher nicht nach den Gemarkungsgrenzen. Im Interessengebiet der Neustädter liegt die Saloppe mit Sicherheit, aber war das das Kriterium?

  2. Ob nun Ortsamsbereich oder Stadtteil -> geschenkt. Aber das die Komfortzone Neustadt nur 210 Meter x 68 Meter, oder 136 Meter x 105 Meter (je nach dem wie man die “etwa zwei Fussballfelder” zusammenlegt) betragen soll, halte ich für ne steile These!

  3. Da hat Waldwuffel sicher recht. Zwei Fußballfelder sind 1 Hektar, also 10 000 m². Meiner Schätzung nach hat die Neustadt mindestens 10 Hektar.

  4. @Anton
    sehr richtig! Allerdings steigt jetzt die Spannung, ob Philine neben den ganzen Strassen auch einen Artikel über Ihre Neustadt-Komfortzone schreibt! Ich würde mich sowohl auf den Artikel, als auch auf die Diskussionen freuen!

  5. Gute Idee. “Auf etwa doppelter Fußballfeldgröße ist hier alles vorhanden, was für das Bestreiten eines abwechslungsreichen Alltags notwendig ist.”
    Da könnte man direkt einen Wettbewerb ausschreiben mit dazu gelieferter Schablone, womit man seinen Komfort-Hektar anzeichnen kann.
    Mal sehen… hm… Bäcker, Einkaufsladen, Späti, Stammkneipe, Schnellimbiß, Park/Elbwiese oder privater Hintergarten? Vielleicht auch eine Straßenbahnhaltestelle? Bei Bedarf ein Spielplatz? Tja, wieviel Abwechslung braucht der Mensch?

  6. @abrazzo
    Sehr schöne Idee! Und die asoziale Ecke nicht vergessen; wie schiebt man die geschickt ins Abseits der 2 Fussballfelder, obwohl man sie dringend auf dem Spielfeld braucht!

  7. Recht mutig über einen Backsteinweg zu schreiben, nicht mal gelb und auch sonst ist dort wirklich nichts zu sehen.

  8. Es ist ja auch laut Karte offensichtlich, dass die Brockhausstraße zum Teil zu Loschwitz gehört. Zu schreiben, das wäre nicht so, ist einfach mal falsch.

  9. @Alauner: Die Straße gehört aus administrativer Sicht nicht mehr zum Ortsamt Loschwitz, sondern zum Ortsamt Neustadt. Das heißt, wenn z.B. die Straße asphaltiert werden muss, wird das in der Neustadt beraten. Als die Straße angelegt wurde, gehörte sie zu Loschwitz.

Kommentare sind geschlossen.