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Blaue Fabrik

Wenn die Klo-Tür klemmt

Außenklos gibt es offenbar auch im Jahre 2018 noch.
Außenklos gibt es offenbar auch im Jahre 2018 noch.
Mit einem lauten Knarzen gibt die Tür nach. Mich gähnt ein winziger Raum an: nackt und kalt. In der Mitte steht ein steinernes Klo ohne Brille, dahinter ein kleiner Laubhaufen. Es raschelt. Ich ahne es und bin doch erschrocken. Eine riesige dunkelbraune Ratte springt zwischen meinen Beinen durch und verschwindet im Hausflur. Ich nehme einen Besen zur Hand, schiebe das Laub zur Seite und bin froh: kein weiteres Getier. Mit einem ordentlichen Ruck bekomme ich die winzige Luke auf, die den Namen Fenster zu unrecht trägt. Immerhin, die Scheibe ist noch ganz. Über dem Klo ein Spülkasten, sogar eine zierliche Kette hängt noch dran. Ich zupfe vorsichtig, oben klappert es nur trocken, Wasser – Fehlanzeige.

Anfang der 1990er Jahre war ich mit ein paar Freunden dreisterweise in ein Haus auf der Louisenstraße eingezogen, das uns gar nicht gehörte. Als die wohl merkwürdigsten Hausbesetzer der Welt hatten wir zuerst einen Verein gegründet und an die Stadt geschrieben, dass wir gerne dort ein Wohnprojekt etablieren möchten. Mit sozialen und kulturellen Aspekten.

Die Stadtverwaltung zeigte kein richtiges Verständnis für unser Anliegen und lehnte die Idee rundweg ab. Das war für uns eine Aufforderung zum Handeln. Immerhin: das Haus stand leer und verfiel so vor sich hin. Also packten wir unsere Sachen, hängten ein Transparent aus dem Fenster und zogen ein. Nun hat der Mensch gelegentlich gewisse Bedürfnisse. Das führte dazu, dass ich die oben beschriebene Tür aufstemmte.

Nordbadeingang 1992 - Foto: Lothar Lange
Nordbadeingang 1992 – Foto: Lothar Lange

Nach einer kleinen Weile hatte ich nun das Örtchen ausgefegt und war in Gedanken schon beim Eisen-Feustel, der führt auch Klo-Brillen. Vorerst bestieg ich die Schüssel und wollte einen Blick in den Wasserkasten werfen. Blöde Idee! Denn als ich den Deckel aufschob, sprang mir ein zweiter Vierbeiner entgegen und mit ihm eine endlose Menge an Staub. Ich taumelte und fiel vom Klo und das in völlig nüchternem Zustand. Als ich meine Knochen wieder zusammengesammelt hatte, stand ein Mitbewohner an der Tür. Ich solle es doch einmal mit einer Leiter probieren und im Übrigen gäbe es im Keller einen Wasseranschluss, wir müssten nur noch eine Leitung legen.

Dieses „nur doch eine Leitung legen“ ging dann auch ganz fix. So waren wir schon nach ein paar Tagen Hausbesetzer mit Örtlichkeit. Und für die anderen Belange der Hygiene gab es in unmittelbarer Nachbarschaft die Reinigungsmöglichkeiten im Nordbad. Aber das ist dann schon wieder eine neue Geschichte

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War früher alles besser?

  • Als kleine Erinnerungsstütze an die frühen 1990er Jahre veröffentliche ich in loser Folge ein paar Geschichten über die wilde Zeit von damals.
  • Alle Geschichten unter #Früher-war-alles-besser? oder in den Büchern „Anton auf der Louise“ und „Anton und der Pistolenmann“
Alaunstraße 1991

10 Kommentare

  1. Wenn´s tatsächlich so war…dann Hut ab, das du aus der heimeligen Elternwohnung geflüchtet bist, in die „unendliche“ Weite der Dresdner Hausbesitzer/Hausbesetzer.
    Den Wasseranschluss habt ihr natürlich ordnungsgemäß angemeldet !

  2. wie kam der Vierbeiner in den Kasten wo nen Deckel drauf war ?!

    :roll:

    —-schöneGeschichtenübrigensimmerdiehiervondamals—–

    :oops:

    Danke…….

    grussi…..

  3. Lieber Anton ,

    danke für die so herrlich erzählten Geschichten und Wahrheiten.

    Frohes Fest und mache bitte weiter so.

    Ali

  4. Natürlich mußte man die neue Wasserleitung im Winter ab und zu mit dem Heißluftfön enteisen. Und da der erwähnte Wasserkasten tropfte (wenn er nicht grad eingefroren war), gab’s am Ende darunter einen gartenzwerggroßen Eisstalakmiten. Solange es noch kein Wasser in der Küche gab‘, hat man das dreckige Geschirr schon mal in’s Nordbad mit unter die Dusche genommen.
    Betriebskosten wurden, glaub‘ ich, recht zeitnah gezahlt, ein Stromzähler dann auch irgendwann angemeldet…Hach, die Zeiten…

Kommentare sind geschlossen.