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Aus jenem Holze – Tischlermeister Jan Otto

Wäre die Neustadt ein Holz, Jan Otto wäre daraus geschnitzt. Mit vielen Wassern gewaschen, Sturm erprobt und stets arbeitend. Jan Otto, Tischlermeister, hat seine Werkstatt inmitten alter Backsteingemäuer verborgen im Hinterhof des preisgekrönten Hauses 11 auf der Pulsnitzer Straße. Über große Taten spricht Jan Otto nur leise. Er tut sie lieber.

Jan Otto, Tischlermeister
Jan Otto, Tischlermeister
Große, südseeblaue Fensterläden stehen Spalier in Jan Ottos Werkstatt. Ein lang vorgenommenes Projekt, das nun erledigt sein will. Jan Otto seufzt. Die Leibspeise seines einzigen Mitarbeiters sind Sägespäne – der altegediente Ofen wird dem Meister höchstens beim Spurenbeseitigen behilflich sein. Aber: Die Vorstellung des Anblicks nach der Reparatur und Installation ist verlockend. Der Großteil von Jan Ottos Kunden kommt aus der Neustadt. Der Meister geht dem Viertel an die Substanz und erhält sie.

Jan Otto ist in der Neustadt geboren. Seine Eltern führten auf der Schönfelder Straße das älteste Lebensmittelgeschäft im Viertel. Dieses Haus bewohnt der Sohn nach dem Wegzug der Eltern an den Standrand. Die Räumlichkeiten war den Ottos nach der Wende zu baufällig gewesen. Von einem Verkauf des Hauses war der Vater abgerückt  – ihm schwante Unumkehrbarkeit. Jan Otto sanierte das Gebäude mit viel Eigenleistung. Die Fähigkeiten dazu hat er. Türen, Fenster, Böden entstehen unter seinen fachkundigen Händen. “Das einzige, was ich nicht baue, sind Treppen”, erklärt er.

Die wären in der Planung schlicht zu aufwendig und damit zu teuer. Dafür gibt es Spezialisten mit entsprechenden PC-Programmen. Jan Otto leistet individuelle Arbeit. Er kommt ins Spiel, “wenn die Industrie nicht mithalten kann.” Eine Tür für ein windschiefes Bergbauernhaus von 1835 in der Schweiz zum Beispiel. Da ist viel Geduld, viel Erfahrung gefragt.

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Moral und Portal

Jan Otto hat sich in Dresden nicht nur in der Neustadt verdient gemacht. Er möchte es nicht an die große Glocke hängen, das spürt man, aber eine Lasur Stolz überglänzt die Stimme doch, als er von seinem Meisterstück (im Wortsinn) erzählt, einer der Portaltüren der Frauenkirche. Um erster mit dieser Idee zu sein, kam er knapp zu spät.  Sein Kollege Steffen Thieme hatte das gleiche Vorhaben schon angemeldet. Zu zweit machten sie sich an die Arbeit: Jeder an seiner Tür.

Der treue Kollege und Spänefutterer

An dem Wiederaufbau der Frauenkirche mitzuarbeiten war Jan Otto eine Herzensangelegenheit. Seine Großmutter hatte schräg gegenüber der Kirche gewohnt. Die Kirche war ihm als Monument der Kindheit gegenwärtig. Jan Otto fertigte die Tür in vielen hundert Stunden nach Feierabend. Allein die Zeichnungen waren eine Herausforderung: Jan Otto brachte sie seinen eigenen Ansprüchen gemäß nach historischen Bedingungen mit Tusche auf Pergament auf. Eineinhalb Jahre dauerten nur Planung und Trocknung des Holzes. Und auch das musste erst einmal gefunden werden.

Eine Reporterin von der FAZ schrieb damals einen Artikel über den Bau der Tür. In ihm wurde die Suche nach einem Sponsor für das speziell benötigte Eichenholz, aus dem sie gefertigt werden sollte, thematisiert. Die Zeitung unterstütze die Suche mit einer kostenlosen Annonce. Schließlich erklärte sich die FAZ als Spender bereit.

Jan Ottos Werkstatt befindet sich im Hinterhaus

“Ich habe sie noch im Griff”

Einen Monat nahm Jan Otto zusätzlich unbezahlt frei, um sein Meisterstück zu beenden. Zwei Jahre Urlaub hat er insgesamt für die Portaltür investiert. Die Tür war eher fertig als die Frauenkirche und musste in Oldenburg gelagert werden. Ein sensibles Unterfangen für eine Tür. Als sie im Landtag ausgestellt wurde, schloss sie nicht mehr richtig.

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Dann war da eine Dame, die mit einem historischen Hochzeitsfoto beweisen konnte, dass Elemente im Original anders gefertigt waren. Jan Otto musste noch einmal Hand anlegen. Noch ärger erging es Kollege Thieme: “Er musste seine Tür so gut wie zweimal bauen, der arme Kerl.”

Jan Otto ist der Einzige, der einen Wartungsvertrag hat. Alle Türbauer verewigten sich mit ihrem Namen. Jan Otto mit seiner Arbeit. Seine Portaltür ist nicht signiert. Stattdessen macht er zweimal im Jahr Rundgänge, überprüft alle sieben Portaltüren, pflegt sie und bessert sie aus. Holz arbeitet. Holz braucht Aufmerksamkeit. Es geht auf diese Weise eine Symbiose mit dem Tischler ein, der dieselben Eigenschaften aufweist. Jan Otto kennt seine Tür in- und auswendig und sagt von ihr: “Ich habe sie noch im Griff.” Der Bau der Portaltür war ein Werk, das monetär nicht zu greifen ist. “Ich gebe mein Wissen gern weiter”, sagt er.

Übernommen hat Jan Otto die Werkstatt von Alleinmeister Houfeck

Zurück zu den Leisten

Ihm wäre ein Kollege lieb in seiner Werkstatt – oder eine Kollegin: “Frauen gibt es im Tischlerberuf immer öfter. Und was die für Arbeit machen. Alle Achtung!” Auf Dauer allein arbeiten, das macht einsam. Doch bisher hat sich die passende Zusammenarbeit noch nicht ergeben. Jan Otto übernahm die urige Werkstatt von Tischlermeister Houfeck und Sohn, bei dem er als junger Mann mitarbeitete, als Houfeck mit der Wende in den Westen ging.

Mit der Geburt seiner Tochter hatte Jan Otto begonnen, sich als stellvertretender Elternratsvorsitzender in der Neustadt einzubringen. Sein Anliegen war, die Neustadt kinderfreundlich zu gestalten. Zwei bis drei Abende die Woche verbrachte er auf Ortsbeiratssitzungen, in Podiumssitzungen, in Elterninitiativen. Er diskutierte und stritt für mehr Kita- und Schulplätzeplätze, eine “vernünftige Ausbildung”.

Sein Engagement fand nicht nur Befürworter. Die Luft wurde dünner, die finanzielle Situation fragwürdiger. Jan Otto kehrte “zurück zu den Leisten”, wie man so schön sagt. Das Geläut der Martin-Luther-Kirche weht herüber. Die Blumen aus dem Bauerngarten nicken dazu. Und Jan Otto blickt auf sein Jahr, voll mit Wohnraumschränken und -möbeln, die von ihm gemeistert werden wollen.

Blick in den Hinterhof und auf die Werkstatt Jan Ottos

Tischlerei Jan Otto

  • Pulsnitzer Straße 11
  • Montag bis Freitag 8 bis 17 Uhr
  • Kontakt: info@tischlerei-otto-dresden.de

Ein Kommentar

  1. Schönes Portrait, aber bei soviel Frauenkirche hätte man auch gern noch ein Bild der Tür gesehen!

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