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Societaetstheater

Abenteuer Schienenersatzverkehr


Für S-Bahnfahrer ungewohnte Aussichten.
Für S-Bahnfahrer ungewohnte Aussichten.
Die Lokführer streiken und die S-Bahn fährt nicht. Stattdessen kurven jetzt schicke Busse durch die Stadt: Schienenersatzverkehr. Dieses Ungetüm von einem Wort kennt wohl jeder Deutsche, doch gibt es das auch im Spanischen? Aber ich greife vor.

Zu Testzwecken fahre ich mit dem Ersatzverkehr vom Bahnhof Neustadt zum Flughafen. Normalerweise dauert die Fahrt eine knappe Viertelstunde, wie lange wird der Bus durch den Feierabendverkehr brauchen. Erste Überraschung: am Bahnhof Neustadt steigt außer mir nur eine junge Dame mit ein. Der Busfahrer ist vergnügt und hat das Radio angestellt. Wir schaukeln im Mercedes durch die engen Gassen der Neustadt. Geschwind sind wir im Industriegelände und wenig später am Bahnhof Klotzsche. Die junge Dame steigt aus und ich bin mit dem Busfahrer allein. Nach etwa 25 Minuten erreichen wir den Flughafen. Geht doch, denke ich noch. Dann wird es voll. Offenbar ist gerade ein Urlaubsflieger vom Mittelmeer gelandet. Mir kommt das alles ganz schön spanisch vor. „Gracias“, sagt eine Frau und setzt sich mir gegenüber. Neben mir plumpst ein junger Mann auf den Sitz. Stimmengewirr. Urlaubsfeeling. Der Gang ist vollgestellt, hier würde jetzt kein Zwergpinscher mehr reinpassen. Der Mann neben mir zerrt ein Notebook auf seine Knie, fängt an zu tippen. Ich lunsche neugierig rüber: wieder spanisch. Sieht aus wie eine wissenschaftliche Arbeit mit Fußnoten und so. Das macht der im übervollen Bus, der hat ja Nerven. Nebenbei erklärt er den Umstehenden, wann sie aussteigen müssen.

Wenn die S-Bahn nicht fährt, muss der Bus neben den Gleisen her.
Wenn die S-Bahn nicht fährt, muss der Bus neben den Gleisen her.
Weiter vorn ein junger Mann mit Handy am Ohr, offenbar sehr wichtig, ich höre dauernd was von Aktienkursen und Verkaufsoptionen. Schmunzelnd lehne ich mich zurück.

Auf der anderen Seite sitzt ein deutsches Urlauberpärchen. Die hatten wohl richtig Pech gehabt, in Barcelona ist das Auto kaputt gegangen, und jetzt sind sie mit dem Flieger zurück transportiert worden und wissen noch nicht, wie sie heute noch nach Chemnitz kommen. Sie nehmen es mit der Gelassenheit der Reisenden. Am Bahnhof Neustadt angekommen, verlasse ich den Bus und stelle fest: der Rückweg hat fast eine halbe Stunde gedauert und ich bin jetzt irgendwie ganz schön durchgeschwitzt. Trotz Abenteur-Laune, ich freue mich auf die nächste Woche, wenn die S-Bahn wieder ganz normal fährt. Der Spanier würde für Schienenersatzverkehr übrigens fünf Wörter verwenden, die aber alle hübsch kurz sind.

Hinzu war ich fast allein im Bus.
Hinzu war ich fast allein im Bus.