In Norddeutschland erfuhr Klein-Willy seine Sozialisation, wie er sagt, wurde Ergotherapeut und ließ sich von seinen ersten Schallplatten plätten. Er wählte aus Beruf und Berufung letzteres aus und eröffnete einen Plattenladen mit einem guten Freund in Hamburg, das war Ende der 60er. Die Erde drehte sich, die Platten drehten sich und im Innern so mancher Köpfe drehte sich Ende der 60er auch so einiges bunt durcheinander, doch auch der schönste Kreisel trudelt irgendwann aus.
Der halblegal aufgezogene Laden scheiterte, der gute Freund verstarb und Willy entschloss sich den innerdeutschen Turbulenzen Anfang der 90er den Rücken zu kehren und nach Amerika zu reisen. Den Fall der Mauer bekam er noch mit, dann bestieg er ein Flugzeug und interessierte sich für die revolutionären Ereignisse nur noch periphär. Er war mit Camper-Van und Freundin und neuem Kontinent beschäftigt. Als Willy 1991 aus den Vereinten Staaten ins vereinte Deutschland heimkehrte, fiel sein gereiftes Auge auf die Stadt seiner Geburt. Großväterlicherseits, so wusste er, standen hier noch einige Häuser, die es eventuell zu besitzen gab. In Dresden angekommen, stellte sich das als Trugschluss heraus. Die Besitztümer des Großvaters Rudolf Born, Bildhauer und Professor an der HfbK waren futsch, ominösen Betrügereien zum Opfer gefallen. Willy winkt ab. So genau weiß er das nicht mehr. Ist ja auch nicht so wichtig, findet er ab diesem Punkt der Geschichte doch den roten Plattenfaden wieder.
Zehn Jahre lang wurde regelmäßig das Ende proklamiert, Willy war dem Dresdner Publikum etwas weit voraus geprescht. Doch kurz vor Peng rappelte sich der Laden doch wieder hoch – auch mit der Hilfe zahlreicher angeschnittener Sparstrümpfe. Die Vinyl-Renaissance vor drei Jahren gab dem Geschäft neuen Auftrieb, Elektronisches findet sich nicht mehr im Regal, eher handgemachtes Zeug. Und Willy ist auch ruhiger geworden, hat seine Nebentätigkeiten als DJ und Sänger bei den “Mad Cows” und “Smells like gun powder” ad acta gelegt.
So langsam geht seine Sehnsucht wieder Richtung Camper-Van, diesmal aber in Familie mit dem Söhnchen und der Frau. Richtung Skandinavien oder Marokko oder in die Türkei. Selbstredend wird sich im Auto nur ein Kassettendeck befinden. Und Krelli führt den Laden weiter, der die Neustadt so zuverlässig mit Schall und Rauch versorgt.
- Drop Out Records, Alaunstraße 43
- Montag bis Freitag 11 bis 20 Uhr, Sonnabend 11 bis 17 Uhr
- im Internet zu erreichen unter http://www.drop-out-records.de/
Die wohl weltbeste Neustädter Punk-Rock-Combo “Goldner Anker” hat übrigens extra für Willy einen Song geschrieben.
Eigentlich ein echtes Juwel, dieser Laden. Leider habe ich Krelli bis jetzt viel zu oft genervt und irgendwie angepisst erlebt. Kann mich auch täuschen…
dubstep schon 1998? welch pionier…
Goldner Anker is doch keen Punk-Rock du Fatzke.
Doch … hier der Beweis:
i like… Ankers und Dropouts !!!!
Es ist immer schön dort vorbeizugehen, weil immer gute Musik läuft.
Bin durch meinen ehem. Schul-und Kinderfreund Uwe Büttner auf euren Laden aufmerksam geworden. Interessant! Ich muss es einfach mal schaffen, vor Ort zu sein. Grüße aus Dresden
Regina und Siggi