Barbara Oehlke erträumt und erarbeitet seit nunmehr 25 Jahren Schmuckstücke in ihrer Goldschmiedewerkstatt. Anlässlich des Feiertages schüttelt die quirlige Forschungsoptimistin mal eben einen neuen Kunstraum für die Dresdner Hauptstraße aus dem Ärmel und geht mit dieser guten Geste zurück zu ihren eigenen Anfängen.
Mit dem ersten Schritt in den Laden hinein hat man zur Rechten den opulenten Arbeitstisch und Werkstattbereich der Goldschmiedin samt Bürsten, Zangen, Schleifern, Lötmaschine. Nach links hin öffnet sich die Ladenfläche. Beide Seiten wirken dabei erstens gleich groß und zweitens nicht wie zwei Seiten. Denn es gibt keine Grenze, die sich zwischen diesen beiden Fragmenten einer Welt namens Goldschmiedewerkstatt ergibt. Denn drittens: Es ergeben sich stattdessen unendlich viele elegant vor sich hinschimmernde Verbindungsstücke.
Vielleicht bleibt ein Restgefühl der Zerrissenheit. Denn das Gespräch über den Aufbau und die Funktion der Werkstatt ist ebenso möglich und begeisternd wie die Geschichte eines der Schmuckstücke zu hören.
Hochstatus & Nahbarkeit
In ihrer Goldschmiedewerkstatt entwarf Barbara Oehlke unzählige Unikate und bedeutende Kollektionen. Ein Highlight waren dabei die Colliers der Debütantinnen beim diesjährigen Semperopernball, aus 49 Süßwasserzucht-Perlen und einer verwobenen, echten Blume gefertigt. Oehlke erinnert sich gerne daran: „Die Idee fand ich von Beginn an wirklich super. Aber die Umsetzung! Das war dann aber sowas von ein Ritt auf dem Schwert!“, erzählt Oehlke herzlich lachend.
Keinerlei Mief von Überheblichkeit, lediglich die überzeugende Handschrift einer liebenden Meisterin ihres Handwerks: „Ich glaube fest daran, dass jeder das Paket trägt, das er tragen kann. Und wenn ich keine Freude bei all den Arbeiten, meiner Familie samt Hund hätte, würde ich es garantiert etwas anders machen wollen.“ Wieder dieses herzliche Lachen.
2001 zog sie mit ihrer Goldschmiedewerkstatt in die Hauptstraße 15. Damals waren die Innenhöfe gerade frisch saniert. Damit war ein Traum erfüllt, weil es endlich der angemessene Platz war für die Verfertigung und gleichermaßen Ausstellung der Arbeiten: „Das war schon ein Riesending. Ich kam aus einem Atelier im Hinterhof und teilte das Schicksal vieler Künstler. Hat was, kann was, aber keiner kann es sehen. Meine Kunst sichtbar zu machen, das war und ist die große Freude.“
Doch der Festtag war nicht nur eine Station, um Revue passieren zu lassen, sondern auch, um gute Vorsätze für die nächsten Arbeitsjahre entwerfen. Es war auch Anlass, eine neue Kunstausstellung genau gegenüber ihrer Goldschmiedewerkstatt vorzustellen, damit den klaffenden Leerstand in der Hauptstraße 22 wenigstens für eine Zeit zu beleben.
Ausstellung auf der anderen Straßenseite
Im ehemaligen „Spieltraum“ soll der Neustädter Künstler Alabaster Becher eine Ausstellung zeigen. „Mein Mann sagt, ich habe Eigenschaften eines Terriers“, sagt Oehlke. Sie sah den Leerstand, hat hin und her telefoniert und dann erreicht, dass die Vonovia den Raum mietkostenfrei zur Verfügung stellt.
Ästhetik & Melancholie
Rund 200 Quadratmeter Fläche, die Alabaster Becher drei Tage lang als Ausstellungsraum ausnutzen kann: „Das ist eine mega Chance. Von fünf Zentimetern bis zu 1,60 Meter breiten Ausstellungsstücken kann ich alle Formate in den Raum bringen“, strahlt Alabaster. Gimmick: Die Kunst kann man kaufen, aber auch mieten. – Informationen zur Ausstellung „Die Ästhetik der Melancholie“ folgen in Kürze.