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Berserker und Wüteriche

Da gebe es den Wüterich Autofahrer, der den Radler ohne Abstand überholt und den Berserker auf dem Rad, der sich an keine Straßenverkehrsregel halte. So eröffnete Gerald Baier, der Leiter der Verkehrspolizei heute eine Pressekonferenz.

Chef der Verkehrspolizei: Gerald Baier
Chef der Verkehrspolizei: Gerald Baier

Er habe bewusst diese Worte gewählt, um auf ein Dilemma aufmerksam zu machen, die gestiegene Rücksichtslosigkeit und das gewachsene Unverständnis im Straßenverkehr, vor allem zwischen den Verkehrsteilnehmenden auf dem Rad oder im Auto.

Mehr Unfälle mit Radbeteiligung

Zwar seien im vergangenen Jahr die Unfallzahlen zurückgegangen, aber die Anzahl der Unfälle, an denen Radfahrer*innen beteiligt waren, sind 2020 in Dresden gestiegen. Insgesamt gab es im Stadtgebiet 1.545 Unfälle mit Radfahrern, im Vorjahr waren es 1.392.

Sicherlich sei dabei zu berücksichtigen, dass der Radfahrverkehr generell zugenommen habe, aber: „Die Zunahme von Unfällen mit Radfahrern und deren Auswirkungen sehen wir unverändert mit Sorge“, sagt Baier, der die Zahlen noch etwas detaillierter aufschlüsselte.

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So wurden bei den Unfällen 1.294 Radfahrer*innen verletzt, davon 217 schwer. Ein Radfahrer und eine Radfahrerin starben unfallbedingt im vergangenen Jahr. Der Anteil der Radverkehrsunfälle mit Personenschäden an allen Verkehrsunfällen mit Personenschäden ist von 52,3 auf 60,1 Prozent gestiegen.

Zusammenstöße mit Fußgänger*innen selten

Bei Unfällen zwischen Rad und Auto sind laut Polizeistatistik zu knapp zwei Dritteln die Autofahrer*innen die Verursacher. Bei jedem dritten Unfall mit Radfahrerbeteiligung gibt es keine Fremdeinwirkung, aber mehr als jeder zweite Unfall ist ein Crash zwischen Auto und Rad. Zusammenstöße zwischen Radlern oder mit Fußgänger*innen sind laut Polizeistatistik vergleichsweise selten.

Fahrradpolizisten Thomas Kirally und Franziska Winter gehören zur Farradstaffel der Dresdner Verkehspolizei..
Fahrradpolizisten Thomas Kirally und Franziska Winter gehören zur Farradstaffel der Dresdner Verkehspolizei.

Die Polizei hat mehrere Unfall-Schwerpunkte herausgearbeitet, davon sind einige in der Neustadt, so die Königsbrücker Straße an der Ecke zur Tannenstraße, der nördliche Albertplatz und der Schlesische Platz.

Große Verkehrskontrolle ab Dienstag

Mit einer zweiwöchigen Verkehrskontrolle ab kommenden Dienstag will die Polizei alle Verkehrsteilnehmenden sensibilisieren. „Verursacht werden die Unfälle von verschiedenen Verkehrsteilnehmern“, sagt Baier. „Deshalb haben wir bei unseren Kontrollen auch das komplette Verkehrsgeschehen im Blick, also Radfahrer, Autofahrer und Fußgänger.“ Der erste Kontrolltag am 4. Mai wird sich mit dem Schwerpunkt Seitenabstand befassen.

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Riku Rajamaa am 6. Oktober in der Groovestation

An den folgenden Tagen sind neben den allgemeinen Verkehrskontrollen auch Schwerpunkt-Kontrollen mit Themen wie Rotlichtvergehen und Rechtsfahrgebot für Radfahrer geplant. Zudem wird auch Hinweisen der Dresdnerinnen und Dresdner nachgegangen, die diese im extra geschalteten Bürgerportal gegeben haben. Die meisten Hinweise, die dort eingehen, seien sehr konstruktiv, sagt Baier.

Die erste Kontroll-Aktion „Respekt durch Rücksicht“ hatte die Polizeidirektion Dresden im Sommer 2019 gestartet. Zwischen dem 18. Juni 2019 und dem 7. Juli 2019 wurden insgesamt 52 Verkehrskontrollen durchgeführt. Im vergangenen Jahr hatte sich die Polizei entschieden, aufgrund des ersten Corona-Lockdowns auf die Kontrollen zu verzichten. „Das war ein Fehler“, räumte Baier heute ein.

19 Kommentare

  1. Ja, es gäbe weniger Probleme, wenn in Dresden ein Verkehrskonzept verwirklicht würde, in dem ALLE an alle Beteiligten gedacht würde. Ist schwierig, weil die Stadt historisch für andere Beförderungsarten konzipiert wurde. Aber die Vorfahrt für Autos ist wohl auch bald Geschichte; der ÖNV gewinnt (zu) langsam Weltniveau (vor allem an der Bezahlbarkeit). Das evt. kommende 365-Ticket und die Vereinbarkeit mit dem entstehendem Mobi-Projekt der DVB zeigen schon in eine mögliche Richtung. Nicht nachlassen Dresden!

  2. Wenn die Zahl der Unfälle mit Radbeteiligung steigt, die Ursache in zwei Drittel aller Fälle aber bei den Personen mit Auto liegt, dann ist es nicht sinnvoll das ganze Verkehrsgeschehen in den Blick zu nehmen, sondern dann wäre es angebracht einen Schwerpunkt zu setzen: Und zwar bei den Leuten im Auto. Der „Berserker“ aufm Rad bleibt aber nunmal qua Physik (weniger Tempo, weniger Masse) weniger gefährlich (weniger kinetische Energie, im Zweifel kleinerer Aufprallimpuls). Könnte man ja auch mal irgendwann zur Kenntnis nehmen und so formulieren, anstatt unterschiedslos Autos und Radleute über einen Kamm zu scheren. Damit verschleiert man nur die waren Kräfteverhältnisse. Es ist einfach nur öde.

    Und wer den Hussle unter Fahrradleuten und zwischen Fahrradleuten und Fussgänger:innen in den Blick nehmen will, darf halt von der Infrastruktur nicht schweigen. Um die Problem dort zu erkennen, müsste man aber halt auch mal kontinuierlich selbst das Rad nehmen (und nicht nur für Pressefotos). Und vll. auch mal das Selbstbild vom edlen Ritter, der den Krieg auf der Straße bekämpft, hinterfragen. Vermute aber das passiert nicht.

  3. Als Radfahrer möchte ich hinzufügen, dass ich an Grünen-Pfeil Straßen, z.B. am Schlesischen Platz Richtung Hansastrasse von abbiegenden Fahrzeugen trotz eigener grünen Ampel (die gefühlte 3 Sekunden grün ist) schon häufig fast umgenietet wurde. Und solange Autos so in Dresden fahren und kein oder nur Alibi-Radwege vorhanden sind, solange fahre ich aus Angst um mein Leben rechtswidrig auf dem Fußweg als Radler, obwohl ich da vielleicht als Berserker diffamiert und abkassiert werde.

  4. Hallo Jens, etwas Ähnliches sprach Baier auch an. Zwar gebe es nur recht wenige aktenkundige Verstöße gegen nicht abstandsgerechte Überholen (1,50 Meter), aber dieses Verhalten würde dazu führen, das Radfahrende eben auf die Fußwege ausweichen und dann an der nächsten Kreuzung für den Autofahrer überraschend auftauchen und es so zu Unfällen kommen kann.

  5. @tsetse: Unfälle allein auf physikalische Auswirkungen zu reduzieren, halte ich übrigens für zu kurz gedacht. Wir nehmen mal den hypotetischen Fall eines Radfahrers der trotz Rotlicht die Straße kreuzt und den Autofahrer, der es nicht mehr schafft zu bremsen. Klar, beim Zusammenstoß trägt der Radfahrer die physisch wesentlich größeren Schäden davon. Aber dass ein solcher Zusammenstoß auch für den Autofahrer ein traumatisches Erlebnis sein kann, wir meines Erachtens in der Diskussion zu oft ausgeblendet.

  6. Der Kommentar auf den Sie sich beziehen, wurde zwischenzeitlich entfernt. Vielen Dank für die Anmerkung.

  7. „An den folgenden Tagen sind neben den allgemeinen Verkehrskontrollen auch Schwerpunkt-Kontrollen mit Themen wie Rotlichtvergehen und Rechtsfahrgebot für Radfahrer geplant.“

    Rechtsfahrgebot für Radfahrer. Und ich dachte, das gilt für alle Verkehrsteilnehmer auf der Fahrbahn!? Wäre es dann nicht interessant, auch das Thema Rechtsfahrgebot für Autofahrer zu betrachten?

  8. @Linksfahrer, vielen Dank für Deine Nachfrage. Die Polizei kontrolliert an verschiedenen Tagen zu verschiedenen Schwerpunkten. Wenn ihnen bei der Kontrolle mit Schwerpunkt Radverkehr Verstöße von Autofahrern auffallen, ahnden sie diese auch.

    Ja, das Rechtsfahrgebot gilt für alle Fahrzeuge (siehe StVO, §2, Absatz 2), für Radfahrer sind in Absatz 4 Ausnahmen und Details geregelt.

  9. Wurde eigentlich auch etwas dazu gesagt, ob es im Bereich von Schulen, Kitas etc. in diesem Zusammenhang nennenswerte Erfahrungswerte gibt?
    Ich wohne in der Nähe vom St. Benno Gymnasium und (in nicht-Covid-19 Zeiten) bin manchmal doch etwas erschrocken, wie abenteuerlich es morgens zugeht.
    Zum einen Eltern, die mitten auf der Straße anhalten, damit Kinder aussteigen auf der Beifahrerseite = Tür öffnet sich auf den Radweg. Andererseits Schülerinnen und Schüler, die nebeneinander fahren oder im Zick-Zack auf dem Gehweg überholen. (Oder Eltern mit sehr jungen Kindern, die eher eiernd als geradeaus fahren – habe mich in dem Zusammenhang schon ein paarmal gefragt, ob es wohl auch jährlich Unfälle gibt, in denen ganz junge kleine Kinder die Kontrolle über ihr kleines Rad verlieren, und dann Unfälle verursachen?)
    Ich bin „nur“ Zugezogene, kenne mich mit dem Sächsischen Bildungssystem nicht aus. Gibt es hier eig auch eine Fahrrad Schule während der Grundschulzeit? Fahrrad-Übungsplätze?

  10. Hallo Lola, ja es gibt Fahrradkurse während der Grundschulzeit. Fahrrad-Übungsplätze unabhängig von Schulhöfen sind mir zumindest in der Neustadt nicht bekannt. Die Polizei und auch die Ordnungsbehörde kontrolliert in der Regel zum Schuljahresbeginn verstärkt vor Grundschulen.

  11. Meldung 30.4. Neustadtticker: „LKW fährt Radfahrerin tot“. Wo war da die Polizei? Das ist es was ich meine… Lieber Fußweg fahren und ab und an n Fuffy Strafe bezahlen, als tot sein. So ist das leider in Elbflorenz… Finde es gut Anton, dass Du die kleine Diskussion zugelassen hast:-)

  12. Traurig dass der Autofahrer*in wieder als die bösen dargestellt werden hier in den Kommentaren, dabei ist der Inhalt doch richtig. Ich selber bin Autofahrer und Fußgänger! Und ja es gibt genug Autofahrer*in die sich falsch verhalten, aber auch genug Radfahrer*in. Und bei alles Verständnis für Radfahrer*in fehlt mir bei dieser ewig gleichen Diskussion der Fußgänger, der ist nämlich das schwächste Glied der Kette.
    Nur höre ich nie etwas von Rücksichtnahme der Radfahrer*in gegenüber dem Fußgänger*in! Wo ist da der Mindestabstand wenn man auf dem Gehweg an den Fußgängern vorbei heizt ohne Rücksicht! Über rote Ampeln fährt und Fußgänger schneidet oder vor die Füße fährt.
    Und zu gu­ter Letzt sind Radfahrer*in (und die E-Roller natürlich) die einzigen die am fließenden Straßenverkehr teilnehmen OHNE Kenntnisse über die STVO haben zu müssen!
    Was leider dazu führt das sehr viele z.B. nicht mal die Rechts-vor-Links-Regel kennen!!!
    Das einzige was ich immer höre/lese sind Forderungen und Forderungen, wo sind mal die Angebote um das Wissen der Radfahrer*in zu stärken? z.B. kostenlose Kurse für Anfänger oder Kurse für Pedelecs?

  13. @Tony Das stimmt so nicht ganz, auch Fußgänger und Kinder / Jugendliche nehmen am fließenden Verkehr Teil ohne Kenntnisse der STVO haben zu müssen. Das ist aber v.a. im Ausmaß des Schadens bzw. Verletzung die man mit dem jeweiligen Gefährt verursachen kann begründet. Wer Fahrzeuge mit viel Kraft und Geschwindigkeit steuert muss natürlich auch entsprechend vorsichtiger sein.
    Ich finde man sollte auch stark differenzieren: meiner Wahrnehmung verhält sich der Großteil aller Verkehrsteilnehmer rücksichtsvoll. Vielleicht werden nicht immer alle Regeln 1:1 eingehalten. Aber in den allermeisten Fälle führt das weder zu Schaden noch Behinderung von anderen (nachts an leerer Straße bei Rot gehen, auf sehr breiten fussweg mit Auto halten, etc.).
    Leider gibt es bei allen Verkehrsmitteln jeweils einen viel zu großen Anteil an Leuten die das Gegenteil davon machen. Die muss man erwischen (regelmäßig zu schnell, gefährliches Übeeholen, Fuss- und Radwege zuparken, …) nicht die kleinen Fische die mal 50 auf dem Fussweg oder in der Gegenrichtung fahren.
    Und Perspektive ist wichtig: es ist z.b. ein Riesenunterschied, ob man Radfahrer ist weil man auch am Wochenende mal durch die Heide fährt oder ob man regelmäßig in der Haupverkehrszeit durch die Innenstadt fährt.

  14. Ich bin gestern von einem PKW-Fahrer mit 0,5 m Abstand überholt worden. Als ich hinterher rief, was dass denn solle, gab es eine scharfes Bremsung und den Satz „Willst du ein paar auf die Fresse haben?“

    Ich bin vorgestern am Ende eines Radschutzstreifens mit einem Abstand von ca. 0.5 m überholt worden von einem PKW. Auf meine Nachfrage, dass das doch nach STVO nicht angemessen wäre, wurde ich auf den Radweg verwiesen. Da war nur kein Radweg, nur ein Fußweg mit Zusatzschild.

    Alles andere lief in den letzten zwei Tagen ganz gut – keine nebeneinanderfahrenden Radfahrer auf dem Elberadweg zumindest.
    Und bei Fußgängern bremse ich halt.

  15. @Jens: „Als Radfahrer möchte ich hinzufügen, dass ich an Grünen-Pfeil Straßen, z.B. am Schlesischen Platz Richtung Hansastrasse von abbiegenden Fahrzeugen trotz eigener grünen Ampel (die gefühlte 3 Sekunden grün ist) schon häufig fast umgenietet wurde.“

    Verstehe ich nicht. Meinst du, dass du vom Schlesischen Platz Richtung Marienbrücke fährst? Hier wurde doch die Verkehrssicherheit für Radfahrer durch eine sehr kurze Grünphase maximiert^^ Erst danach erhalten die Rechtsabbieger auf der allgemeinen Fahrbahn in die Hansastraße grün (und die haben hier auch keinen Grünpfeil.) Wie soll man sich da ins Gehege kommen? Und welchen Vorteil hat man hier, auf dem Fußweg zu fahren?

  16. Hallo, auch wenn diese Diskussion schon lange her ist. Es gab auf dem Alaunplatz einen Verkehrsgarten zum Erlernen und Üben des Straßenverkehrs. Den hat die Stadt verfallen lassen, Randalierer taten einiges dazu und dann wurde der Platz „zurückgebaut“.

Kommentare sind geschlossen.