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Erwartungen des Stadtrates

Wie soll der Bürger sein? Bloß keinen Ärger machen, nicht meckern, alles abnicken, brav den Beschlüssen folgen. Und schön wählen gehen und vor allem die Richtigen wählen. Und auf keinen Fall Revolten planen, oder?

Eine mir inzwischen sehr liebgewordene Dresdner Zeitung, Der Calculator, hatte einmal einen satirischen Blick auf die hiesigen Stadtoberen geworfen und deren Wünsche an das gemeine Bürgervolk veröffentlicht. Das Leben eines Oberbürgermeisters, eines Stadtrates, eines städtischen Beamten und Angestellten könnte so schön, so friedlich, so entspannend und lebensbejahend sein, wenn … ja wenn es da nicht auch die Bürger dieser Stadt gäbe.

Der Calculator von 1878
Der Calculator von 1878

In der Regel hatten und haben die Bürgerinnen und Bürger die unterschiedlichsten Erwartungen an die Leute im Rathaus. Was aber erwartete der Stadtrat von seinen Untertanen? Das hatte noch niemand in Erfahrung gebracht. Eben nur unser Calculator.

In der Ausgabe Nr. 289 aus dem Jahre 1878 (!) wurde das Resümee der großen Recherche der Redaktion der bereits ungeduldig wartenden Leserschaft und damit der werten Bürgerschaft der Königlich-sächsischen Residenz Dresden kundgetan. Als Vorbild diente kein geringeres Werk als die Bibel.

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Vor 100 Jahren gab es nicht nur eine Straßenbahn auf der Hauptstraße, die Neustadt hatte auch noch ein eigenes Rathaus. Foto: Rudolf Brauneis, Dresden Neustädter Rathaus Markt Hauptstraße 1900, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Die 10 Gebote für den Bürger

  1. Ich bin dein Herr Stadtrat, vergiss nicht, was du ihm schuldest.
  2. Du sollst den Namen deines Stadtrats nicht missbrauchen, noch verhöhnen, weder bei Revisionen, noch Pflastereien, noch geheimen Sitzungen, noch Böcke schießen, usw.
  3. Du sollst am Sonntag ruhig sein und weder Bier fahren, noch im Geschäft die Rollos vor 11 Uhr aufziehen, überhaupt an diesem Tag kein Geld verdienen.
  4. Du sollst deine Stadtväter nicht verhöhnen, noch dem Stadtklatsch Glauben schenken, auf dass du nicht in Prison1 kommst und die Dummheiten, so geschehen, nicht erfährst, oder gar dich darüber lustig machst.
  5. Du sollst nicht totschlagen weder Mensch noch Vieh, weder Geld (damit du es sparst für die Stadt- und Sportelkasse2), noch die Ehre deines Nächsten. (Ausgenommen sind die, so im Dienste auf Befehl entweder draußen in der Cavillerei3 oder drinnen im Rathaus handeln.)
  6. Du sollst nicht nach 10 Uhr zu Hause kommen (dann lieber gleich früh am Tage), damit die Nachbarn nicht gestört werden weder durch Pfeifen, Händeklatschen oder Klingeln, noch durch Gardinenpredigten in der Nacht, auf das der Nachtwächter ruhig und ungestört seinem Amte obliegen kann.
  7. Du sollst nicht gründen, nicht Lebensmittel fälschen, nicht Milch panschen, noch falsche und schlechte Maße und Gewichte führen, denn der Stadtwächter hat ein wachsames Auge und es wird gerächt werden an deinem Beutel des Geldes.
  8. Du sollst nicht klatschen noch schimpfen, noch denunzieren, denn es sind die schäbigsten Mittel eines Feiglings.
  9. Spekuliere nicht in Häusern, denn es wird ein Krach kommen, hervorgerufen durch Hypotheken und du wirst hören nicht bloß purzeln diese Hypotheken, sondern auch Heulen und Zähneklappern.
  10. Sei nicht neidisch auf deines Nächsten Geschäft und miete ihn nicht aus, denn es wird dir ebenso ergehen und ebenso wenig gefallen. Lasse auch deine Frau nicht schielen auf der Nachbarin Sammetpaletot4, denn es wird geben Neid, Missgunst und Skandal, wenn sie nicht kann bekommen eben solch einen; noch mache niemanden abspenstig, weder Diener noch Dienstmädchen, denn es ist mitunter wert der eine 3 Pfennig, der andere einen Dreier.

Fazit

Zusammenfassend erließ der Stadtrat laut dem Calculator den folgenden Generalbeschluss:

    „Ich, der Stadtrat, schärfe dir alle diese 10 Gebote ein, auf dass du nicht verfällst meinen Wächtern, denn es wird schlimmer das zweite, dritte und vierte Mal (namentlich mit Steuereintreiben: Dreizehnpfennigmann5, Soldat, Exekution) und wenn wir auch haben Händel unter uns, so wollen wir doch haben ruhige Spießbürger, die nicht mucksen, noch räsonieren6.“

Und darauf ein Bier und einen Doppelten. Prost!


Unter der Rubrik “Vor 100 Jahren” veröffentlichen wir in loser Reihenfolge Anekdoten aus dem Leben, Handeln und Denken von Uroma und Uropa. Dafür hat der Dresdner Schriftsteller und Journalist Heinz Kulb die Zeitungsarchive in der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek durchstöbert.

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Anmerkungen des Autors

1 Kerker, Gefängnis; 2 Entgelt, das Untertanen für gerichtliche und Amtshandlungen zu entrichten hatten, war Bestandteil der Beamtenbesoldung; 3 Abdeckerei, Tierkörperverwertung; 4 Mantel aus Samt; 5 städtischer kleiner Beamter; 6 sich wortreich ohne Ergebnis zu einer Sache äußern