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Iberoamerikanische Freude in der Pandemie

Cocktails und Churros, Tanzen und Träumen – so will der iberoamerikanische Verein ACI für Freude in der Pandemie sorgen.

Ich bin zu spät zum Treffen mit Mercedes Moraiz in ihrem Café Cacao Nibs, doch das ist kein Problem, denn sie kommt kurz nach mir an – mit einem herzlichen Lächeln. Das Café in der Kamenzer Straße hat geöffnet: Churros mit Schokolade oder einen heißen Kakao bekommt man zurzeit jedoch nur zum Mitnehmen.

An den gemütlichen Tischen im Innenraum tauscht sich niemand aus oder wärmt sich auf von dem kalten Wind in den Straßen – die Pandemie macht auch vor dem kleinen Café nicht halt. „Ohne die Unterstützung unserer Nachbarn hätte das Nibs nie überlebt“, bestätigt Mercedes, während wir in dem menschenleeren Raum sitzen. „Diesen Ort gibt es nur noch durch die Leute in diesem barrio.“

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Doch nicht nur das Nibs liegt Mercedes am Herzen: sie ist Mitbegründerin eines Kultur-Vereins in der Neustadt, der Asociación Cultural Iberoamericana, kurz ACI. Die Asociación, wie sie von Mercedes genannt wird, will vor allem eines: lateinamerikanische und spanische Kultur in allen Farben und Facetten den Leuten nahebringen, Offenheit schaffen und Freude teilen.

Das geschieht durch Aktivitäten wie Tanzkurse, Workshops, Spanischunterricht für Kinder und Erwachsene, musikalische Bildung, Lesekreise und vieles mehr. All das bietet der Verein überwiegend kostenlos an: die Mitarbeiter sind Freiwillige und Ehrenamtliche, die sich mit der iberoamerikanischen Kultur, also der Kultur der iberischen Halbinsel und Südamerikas, identifizieren.

Crowdfunding für die kulturelle Vielfalt

In der Pandemie sind viele der Aktivitäten nicht möglich. Seit November hat das Zentrum geschlossen, und auch die Gelder gehen der Asociación langsam aus: als Kulturverein werden sie nicht von der Stadt gefördert, müssen sich von Mitgliederbeiträgen und Geldern durch ihre Aktivitäten selbst finanzieren. „Da merkte ich als Schatzmeisterin irgendwann: bald ist kein Geld mehr da“, erzählte Mercedes.

Um weiterhin die Miete bezahlen und den Verein auch nach der Pandemie noch erhalten zu können, hat Mercedes zusammen mit Diana von Eynern und Claudia Greifenhahn und Paul Hoorn vom Café Aha ein Crowdfunding gestartet: bis Ende April noch kann man den iberoamerikanischen Verein durch die Webseite www.99funken.de/multikulti finanziell unterstützen.

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Neben der Dankbarkeit der Vereinsmitglieder winken unter anderem Gutscheine für venezolanische Arepas, Schmuck, kolumbianischen Schnaps, eine Piñata oder sogar ein Privatkonzert.

Denn die Mitglieder des Vereins sorgen für Vielfalt in der Neustadt: Ob die mexikanische Bar Cantina Revolucionaria, Mercedes mit ihrem Café Nibs, der lateinamerikanische Markt El Mercadito am Bischofsweg, Spanischlehrer:innen, Tanz-Coaches oder Musikmachende, dank ihnen wird die Neustadt ein Stück bunter.

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Mit dem Geld aus der 99-Funken-Aktion wollen Mercedes und die anderen Mitglieder von ACI nicht nur die laufenden Kosten decken, sondern auch Neues starten: Workshops zu verschiedenen Themen sind geplant. „Wir wollen den Leuten hier erklären, was in der Politik in Argentinien so vor sich geht“, erzählt Mercedes. „Wir wollen unsere Kultur bekannter machen und das zeigen, was hier kaum jemand kennt.“

Vorfreude auf die Zeit nach Corona

Sie schwärmt von einem Vortrag von einer Radioinitiative mexikanischer Geflüchteten in den USA, die Migranten Tipps bei der Arbeitssuche und beim Ankommen gibt. Oder von einem kolumbianischen Maler, der politisches Asyl suchte und darüber berichtete. Der ACI ist auf der ganzen Welt vernetzt, und zoom und co machen es möglich, Workshops von vor Ort nach Deutschland und in alle Welt zu übertragen.

Mercedes Moraiz

Aber Mercedes träumt nicht nur von digitalen Events: Wenn die Pandemie es zulässt, will die Asociación eine Fiesta im Alaunpark veranstalten, um sich bei den Unterstützer:innen zu bedanken. Musik aus den Anden, Tango und Salsa, lateinamerikanische Küche und Cocktails. „Queremos celebrar la vida!” Mercedes wünscht sich, die sowohl finanziellen als auch seelischen Strapazen des Lockdown-Winters mit einem bisschen Lebenslust zu vergessen.

Ein Datum gibt es bis jetzt noch nicht, es heißt abzuwarten. Dafür werden schon jetzt an Sonnabenden venezolanische Arepas am Bischofsweg verkauft, um zumindest einen kleinen Geschmack der lateinamerikanischen Küche zu geben. Die Teigfladen sehen ein bisschen aus wie Döner, sind aber aus Maismehl und mit Guacamole, Bohnen und allem, was das Herz begehrt, gefüllt.

Räume voller Erinnerungen an vergangene Feste

Zu Festen tritt die Tanzgruppe aus den Anden in traditionellen Gewändern auf

Im Winter gab es auch traditionelle Weihnachtsspeisen wie buñuelos und natürlich Glühwein, der direkt aus dem Vereinshaus ausgeschenkt wurde. Mercedes führt mich herum in den bunten Räumen am Bischofsweg unweit des Café Nibs, die sonst mit Lachen, tanzenden Menschen und Musik gefüllt sind. So zeigen es zumindest die zahlreichen Fotos, die die Wände neben kunstvollen und farbenfrohen Bildern schmücken.

Obwohl die Räume leer sind und es dort so still ist, dass es fast ein bisschen hallt, kann man sich vorstellen, dass dieser Ort Offenheit, Lebenslust und Kreativität schafft. Und den Menschen Orientierung bietet, die fern von dem Land sind, in dem sie aufgewachsen sind, oder die neu in Deutschland oder in Dresden sind und erstmal überfordert sind mit all dem Neuen. „Dass ich weiß, wo kann ich Maismehl kaufen und wo gibt es Kochbananen“, ergänzt Mercedes. „Sie kommen dann zu mir ins Nibs, das ist so eine Art Treffpunkt geworden, und ich gebe Tipps.“ Seit 1994 wohnt sie in Dresden, kennt die Neustadt wie ihre Westentasche, sah wie ein Viertel sich entwickelt und kennt viele Geschichten der Bewohner:innen.

Vier Jahre nach ihrer Ankunft in Dresden gründete sie zusammen mit anderen Latinas und Latinos den Kulturverein. Am Anfang war es nicht mehr als ein Lesekreis, ein Café, indem sie sich trafen, um sich gegenseitig vorzulesen, Geschichten auszutauschen und Bücher zu empfehlen. „Jedes Mal kamen mehr Leute“, erinnert sich Mercedes. Sie zogen in größere Räume um, bis sie schließlich das Vereinshaus fanden. Schon immer richtete sich ihr Angebot nicht nur an Lateinamerikaner:innen, sondern alle, die sich für die iberoamerikanische Kultur interessieren. Die Aktivitäten finden zwar alle auf Spanisch statt, aber es gibt oft auch Dolmetscher:innen.

Gemeinsam zu den Herausforderungen des Alltags

Aber nicht alle begegnen ihren Aktivitäten mit Freude. „Es macht mich traurig, wie sehr sich das in den letzten Jahren verschlechtert hat“, meint Mercedes. Mit „das“ meint sie, in den Straßenbahnen bespuckt zu werden, ein ablehnendes „Hier wird Deutsch gesprochen!“, wenn sie sich mit ihrem Mann auf Spanisch unterhält, kurz: Rassismus. Sogar ihr Vereinshaus sei schon beschädigt worden, die Scheiben eingeschlagen. Auch Angriffe auf Vereinsmitglieder kamen vor, erzählt sie. „Dabei wollen wir doch mit unserem Verein zeigen, dass wir keine Asozialen sind.“

Der ACI unterstützt deswegen auch die Initiative Move it!, geht in Schulen und zeigt Dokus von Zusammenhalt, klärt auf über Rassismus. Und bietet seinen Mitgliedern einen Safe Space, falls es zu viel wird mit der Ausgrenzung. Ob Rassismus oder die Pandemie – wenn Mercedes erzählt, merkt man, dass dieser Verein eine Familie ist, dass die Mitglieder gegenseitig füreinander da sind und mit Kraft und Passión die Herausforderungen meistern.