Gestern Abend wollte ich nach dem doch sehr getragenen Dokumentarfilm „Dresdner Interregnum 1991“ in der Genossenschaft, der vor allem dank der Schwere seiner Musik einen sehr bedrückenden Eindruck hinterließ, den Abend noch etwas aufpeppen. Mit einem Freund unterwegs beschlossen wir, doch einmal ein paar Bars aufzusuchen, die sonst nicht so zu unseren Favoriten gehören.
Den Anfang machten wir im La Bodeguita auf der Görlitzer Straße. Eine kleine Bar mit kubanischem Flair – auf den ersten Blick. Draußen ist es inzwischen kühl. Also ziehen wir an die Bar, man darf rauchen. Klar, ist ja nur ein kleines Kneipchen. Wirt und Wirtin sind freundlich, mein Caipiroshka wird mit gutem Russian Standard gemixt, sie meinen es gut mit mir. Ich ahne, einen zweiten Drink dieser Art werde ich mir wohl nicht genehmigen.
Zeit, den Blick schweifen zu lassen. An den Wänden die üblichen Kuba-Stil-Bilder: Alte große Autos, Palmen und Meer. Nun ja. Eigentlich ist es ganz gemütlich, wenn da nicht aus dem Radio ein unglaublicher Mix aus Matthias-Reim-Silly-Ostrock-Schlager-Pop-Hits dudeln würde. Wenn nicht zwischendurch die Ansagen fehlen würden, könnte man glauben, man sei beim Heimatsender gelandet. Wenn schon Schlager, dann doch bitte vom Buena Vista Social Club, oder besser noch was neues Spannendes (wie zum Beispiel Timba) von der karibischen Insel.
Wir trinken aus und ziehen weiter. Auf der Alaunstraße bewundern wir die Leere im Boy´s und bei Frank, vor 21 Uhr scheint hier niemand einzukehren. Mein Begleiter stößt mich an. Wie wär`s denn mit der Bar84?
Also gut. Innen ist es ganz schön weiß. Die Einrichtung erinnert stark an ein schwedisches Möbelhaus. Aber alles in allem wirkt es erstmal ganz hübsch. Gut gefüllt ist es auch. Die anwesenden Damen sind für uns deutlich zu jung, über 30 ist hier wohl keine. Doch eine: An der Wand strahlt Audrey Hepburn in verschiedenen Motiven und dennoch immer gleich. Wir rätseln eine Weile und bekommen es nicht heraus. Weder die 84, noch die Hepburn erschließen sich uns.
Der Barmann nimmt die Bestellung auf. Ich ordere einen Espresso, mein Begleiter einen Tequila-Cocktail. Und dann sitzen wir und warten, warten und warten. Neue Gäste kommen, zwei noch ältere Herren, etwas beleibt. Der eine mit flotter Jacke in rot, der andere dafür mit kurzem Hals. Eine halbe Stunde ist vergangen, und wir wollen schon durstig weiter ziehen, als uns die Kellnerin die Getränke bringt. Leider kann sie uns auch nicht das Geheimnis der vielfältigen Hepburn erklären, aber immerhin lächelt sie ganz adrett.
Zeit, um zu gehen. Nach so viel Abenteuer müssen wir zurück zum Gewohnten. Zum Ausklang ein Espresso im Combo – da weiß man was man hat.
Nachtrag
das La Bodeguita hat es nicht lange gegeben. Inzwischen ist eine karibisch Bar eingezogen: Caribeños. Die Bar 84 schloss dann 2016.
war die bar84 nicht mal auf dem bischofsweg und da in hausnummer 84?
Das wäre ne Erklärung. Kann ich mir aber nicht vorstellen, da die 84 ne Brachfläche ist.
schick, genau das wollten wir gestern auch mal machen, eine Bar besuchen wo wir sonst nie hingehen, aber in einer Gruppe von 6 Leuten ist eine Entscheidungsfindung offenbar unmöglich, so das wir nach Stundenlangem hin und her schließlich doch wieder im allseits beliebtem Lebowski gelandet sind :D
soweit ich weiß hängt die 84 mit dem geburtsjahr des barkeepers (besitzer) zusammen.
womit das lebowski ja dann auch voll gewesen wäre… ;)
8 = H = Hepburn
4 = D = ?
die bilder des films waren spannend, statt der baudelaire-zitate hätte ich mir aber als kleine zwischenspiele etwas lebendigeres gewünscht, beispielsweise menschen, die ihre wohnungen zeigen, „nu, und hier ist unsere gute stube…“, sowas in der art. die musik war schnell belastend und inszenierte unnötigerweise eine sehr triste atmosphäre.
Interessant, wie unterschiedlich Geschmäcker sind. Sowohl das Combo als auch das Lebowski – ja offensichtlich sehr beliebte und immer gut besuchte Stuben – heben mich nun zum Beispiel gar nicht an. Zu quietschig, zu poppig, zu bunt – und zumindest im Lebowski zu oft unsympathische Kundschaft (Saufen bis früh um acht, kein Wunder, dass es da oft Krach gibt und der Gehsteig am nächsten Tag entsprechend versaut aussieht).
Die Bar84, ist das das Ding neben dem Wohnzimmer, oder wo soll ich mir das vorstellen?
Frage, weil, dein Link zur Bar84 oben funktioniert nicht, Anton.
@ Jane: Die Bar ist auf der anderen Seite der Alaunstraße (Nummer 66), und der Link oben funktioniert jetzt.
Bar84? Fand es immer sehr gut da.
Der Kundenservice ist echt gut und man bekommt zumindest immer was außer der Reihe.
Könnten sich andere Bars in dieser Stadt was abschauen.
Individualität am Kunden ist leider eine Seltenheit geworden.
Kann es nur empfehlen, bevorzugt denn guten Mittwoch. *Lady`s Night* für und Mädels.