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Ein bisschen Normalität für Bedürftige

Zum Friseur gehen und danach im Café ein Stück Kuchen essen – Dinge, die einem so normal erscheinen, dass oft kein zweiter Gedanke daran verschwendet wird. Doch diesen Luxus kann sich nicht jede*r leisten.

Deswegen organisierte Ines Eckstein am Sonntag, den 5. September, eine besondere Aktion für Bedürftige im Hinterhof der Suppenküche in der Kamenzer Straße: Arme Menschen erhielten umsonst einen Haarschnitt und konnten sich daneben Hygieneartikel und gespendete Klamotten aussuchen. Auch für das leibliche Wohl war bestens gesorgt, da ehrenamtliche Helfer*innen Kuchen spendeten und die Suppenküche verschiedenen Suppen anbot.

Die Menschen hinter der Veranstaltung, Foto: Emma Eckstein

Eine Bürgerinitiative aus Dippoldiswalde

Ines Eckstein hat mit “Ines’ Hair Shop” einen eigenen Friseursalon in Dippoldiswalde. Privat engagiert sie sich seit langem für Bedürftige und schnitt bereits die Haare von Obdachlosen in Berlin und Magdeburg.

Da sie regelmäßig gespendete Lebensmittel eines Dippoldiswalder Supermarktes nach Dresden bringt, kam sie mit Anna Klawa, Leiterin der Suppenküche, in Kontakt. So entstand die Idee eine Veranstaltung für Bedürftige in Dresden zu organisieren.

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Die freiwilligen Helfer sowie die Tochter von Ines sprechen von einer Bürgerinitiative, welche die Friseurin in Dippoldiswalde gegründet hat. Diese meint lächelnd, dass es eigentlich nur eine Whatsapp-Gruppe sei, die eine gewisse Eigendynamik entwickelt hätte.

Immer mehr Menschen seien der Gruppe beigetreten und durch den enormen Zuspruch wäre ihr klar geworden, wie viele Leute in ihrem Alltag etwas zurückgeben möchten. Die Bereitschaft ist da – es musste sich nur jemand wie Ines finden, der solche Aktionen organisiert.

Extra aus Berlin angereist: Die beiden unterstützen Ines bei der Ausgabe der Hygieneartikel, Foto: L. Ludwig

Gemeinsam mit vielen ehrenamtlichen Helfern konnte die Veranstaltung am Sonntag auf die Beine gestellt werden. Einer davon meint lächelnd: „Endlich habe ich etwas gefunden, wo ich auch mal was zurückgeben kann.“

Ein Friseurbesuch an der frischen Luft

Eine halbe Stunde nach Beginn herrscht bereits emsiges Treiben. Ines und ihr Team sind in ihrem Element und schneiden immer wieder neuen Kunden die Haare. Die Stimmung ist ausgelassen: Kinder tollen mit schokoladenverschmierten Mündern und klebrigen Händen durch den Hinterhof, während sich ihre Eltern bei einem Haarschnitt eine Ruhepause gönnen.

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Waschbecken, wie man sie vom Friseurbesuch kennt werden dazu nicht benötigt. Mit speziellen Waschhauben, welche an Duschhauben erinnern, können die Haare ohne Wasser gewaschen werden, bevor sie einen neuen Schnitt erhalten.

Ines (links) mit einer Kollegin in Aktion. Genau wie Ines engagiert sie sich mehrmals pro Monat für Bedürftige, Foto: L. Ludwig

Damit kein Missbrauch entsteht wurden im Vorfeld 75 Gutscheine an Bedürftige verteilt, die als Eintrittskarte dienen. 30 davon gingen Stammkunden der Suppenküche – der Rest wurde auf der Straße sowie im Alaunpark verteilt. Laut Anna freuten sich viele Gäste der Suppenküche bereits weit im Voraus auf ihren Haarschnitt.

Das liebe Geld

Selbstverständlich geht auch eine solche Aktion nicht ohne finanzielle Mittel. Als die Sparkasse zu ihrem 200-jährigen Jubiläum 200 mal 500 Euro für soziales Engagement vergab, bewarb sich Ines zusammen mit ihrem Mann.

Zu ihrer großen Freude erhielten sie von der Sparkasse ein Preisgeld von 1000 Euro, welches sie direkt in die geplante Veranstaltung steckten. Natürlich waren sie daneben unglaublich dankbar für die Sachspenden, sowie die Zeit der freiwilligen Helfer.

Die Gruppe “Handarbeit für caritative Zwecke” (zu finden auf der Online Plattform “Ravelry”) spendet seit Langem selbstgestrickte Mützen, Schals und Co., Foto: L. Ludwig

Auf einer Tour durch die angrenzende Suppenküche wird schnell klar, dass es dort an finanziellen Mitteln mangelt und einiges renoviert werden muss. Der Altbaucharme der Neustadt, mit Außenklos und fehlenden Heizungen, verlangt den Gästen und Mitarbeiter*innen, insbesondere im Winter, einiges ab.

Seit gut einem Jahr sind zwei wichtige Heizöfen kaputt – repariert wurden diese bisher nicht. Durch die Kälte hat sich an einer Wand bereits Schimmel gebildet, an einer anderen Stelle platzt die Tapete von der Wand.

Der Ofen im Gastraum muss dringend repariert werden, Foto: L. Ludwig

Die Landeshauptstadt unterstützt das Projekt zwar finanziell, jedoch reicht die Hilfe nur, um einen Teil der Miete zu decken. Auch Vonovia fördert die Suppenküche, doch die langwierige deutsche Bürokratie verlangsamt die Prozesse.

Die Leiterin der Suppenküche meint mit betrübter Stimme: „Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann dass Vonovia vorbeikäme und man sich gemeinsam an einen Tisch setzt. Dann könnten sich die Mitarbeiter von Vonovia umschauen und mit eigenen Augen sehen, was gemacht werden muss – das alles hier dient schließlich einem sozialen Zweck.“

Nachmittags schauen zwei Politikerinnen vorbei, welche sich im Vorfeld für die Aktion eingesetzt haben. Ines hofft, dass diese in direkten Kontakt mit den Bedürftigen kommen, denn so könne über bezahlbaren Wohnraum gesprochen und auf die Nöte der Obdachlosen aufmerksam gemacht werden.

Das Plakat „Gentrifizierung stoppen. Sozialraum erhalten“, welches zwischen zwei Fenstern im Hinterhof gespannt wurde, scheint diesen Wunsch zu unterstreichen.

Ines Kummer, Bündnis 90/Die Grünen (links), Ines Eckstein, Veranstalterin (Mitte), Steffi Brachtel, Die Linke (rechts), Foto: Emma Eckstein

Ein voller Erfolg

Die Veranstaltung fand erstmalig im Hinterhof der Suppenküche statt, doch es soll nicht die Einzige ihrer Art bleiben. Das Ziel sei es, die Leute aus ihrem Trott herauszuholen, damit sie einen schönen Tag erleben, so Ines.

Kaffee trinken, ein Stück Kuchen essen und sich danach bei einem Haarschnitt verwöhnen lassen – ein kleines Stück Normalität für Menschen, die nicht so viel Glück im Leben hatten.

2 Kommentare

  1. Eine ganz tolle Aktion für die Menschen :)

    @Anton:
    Ich finde die Formulierung “sozial schwach”, die sich seit langem verfestigt hat, falsch. Die Menschen sind bestimmt oft nicht sozial schwach, sondern ökonomisch schwach! Könnte man das in der Berichterstattung nicht mal ändern?

Kommentare sind geschlossen.