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Ausgangsbeschränkungen im April 2020 unwirksam

Wie das Sächsische Oberverwaltungsgericht heute mitteilt, waren die Corona-Ausgangsbeschränkungen im April 2020 in Sachsen unwirksam. Mit einem heute veröffentlichten sogenannten Normenkontrollurteil1 vom 16. April 2021 hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht den Paragraph 2 der ersten im Freistaat Sachsen in Kraft getretenen Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung vom 31. März 2020 (SächsCoronaSchVO) für unwirksam erklärt.

Scheune-Vorplatz in der Nacht zum Sonnabend. Die Polizei kontrolliert die Ausgangsbeschränkungen. Foto: Tino Plunert
Scheune-Vorplatz im März 2020. Foto: Archiv/Tino Plunert

Diese Vorschrift galt im Zeitraum vom 1. bis 20. April 2020. Mit ihr wurde damals das Verlassen der häuslichen Unterkunft ohne triftigen Grund untersagt und 15 triftige Gründe einzeln aufgeführt, die zum Verlassen der Unterkunft berechtigten. Unter anderem gehörte dazu gemäß Paragraph 2 Abs. 2 Nr. 14 „Sport und Bewegung im Freien vorrangig im Umfeld des Wohnbereichs … ausschließlich alleine oder in Begleitung des Lebenspartners bzw. mit Angehörigen des eigenen Hausstandes oder im Ausnahmefall mit einer weiteren nicht im Hausstand lebenden Person“.

Obwohl die Vorschrift nur bis 20. April 2020 galt, blieb das dagegen geführte Normenkontrollverfahren weiter zulässig. Die Corona-Schutz-Verordnungen gelten typischerweise nur kurz und treten regelmäßig außer Kraft, bevor ihre Rechtmäßigkeit abschließend gerichtlich geklärt werden kann. Mit den Ausgangsbeschränkungen in Paragraph 2 SächsCoronaSchVO sind jedoch erhebliche Grundrechtseingriffe verbunden, deren gerichtliche Überprüfung möglich sein muss. Zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes war deshalb auch noch nachträglich durch Normenkontrollurteil über die Wirksamkeit der Vorschrift zu entscheiden.

Ausreichende gesetzliche Ermächtigung, aber zu schwammig formuliert

In der Sache stützte sich die Verordnung zwar auf eine ausreichende gesetzliche Ermächtigung durch das Infektionsschutzgesetz des Bundes. Jedoch war der Paragraph 2 Abs. 2 Nr. 14 der Verordnung nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichtes zu unbestimmt und damit unwirksam. Das führte zur Unwirksamkeit des Paragraphen 2 insgesamt, weil die Ausgangsbeschränkung in der dann noch verbleibenden Form – ohne die Möglichkeit, die häusliche Unterkunft für Sport und Bewegung im Freien als triftigem Grund zu verlassen – eine unangemessen schwere Belastung für alle Betroffenen dargestellt hätte.

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Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hatte das Gericht zwar noch angenommen, dass § 2 Abs. 2 Nr. 14 SächsCoronaSchVO voraussichtlich hinreichend bestimmt ist, weil z.B. das »Umfeld des Wohnbereichs« mit etwa 10 bis 15 Kilometern um die Wohnung bemessen werden kann (vgl. Medieninformationen Nr. 2/2020 als PDF).

Damals war jedoch angesichts der von einer nicht sicher abzuschätzenden Gefahrenlage und einer besonderen Eilbedürftigkeit der Entscheidung geprägten Gesamtsituation nur eine vorläufige Festlegung möglich.

Verordnungen wurden nachgebessert

Aufgrund der nunmehr nachträglich, im Rahmen des Hauptsacheverfahrens vorgenommenen Untersuchung der Bestimmtheit will das OVG daran nicht mehr festgehalten. Denn für die in der Norm verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe „Bewegung“, „vorrangig im Umfeld des Wohnbereichs“ und „im Ausnahmefall mit einer weiteren nicht im Hausstand lebenden Person“ lässt sich trotz der offiziellen Erläuterungen des Verordnungsgebers und auch unter Zuhilfenahme anerkannter Methoden der Gesetzauslegung nicht ermitteln, welches Verhalten im Einzelnen noch erlaubt war und welches nicht. Das hatte wegen der empfindlichen Geldbußen, die bei Verstößen in § 5 Abs.2 SächsCoronaSchVO angedroht wurden, erhebliche Bedeutung.

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Die Beteiligten können deshalb binnen eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe Revision zum Bundesverwaltungsgericht erheben. In späteren Corona-Schutz-Verordnung waren die Rechtsbegriffe nicht mehr so schwammig formuliert.

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In der aktuellen Verordnung gibt es in Paragraph 8e auch eine Ausgangsbeschränkung. Die Ausnahme mit der Bewegung im Freien liest sich jetzt so: „Sport und Bewegung im Freien sowie der Besuch des eigenen oder gepachteten Kleingartens oder Grundstücks (…)“. In einem früheren Urteil hatte das OVG bereits die nächtlichen Ausgangssperren und die 15-Kilometer-Regel aufgehoben (Neustadt-Geflüster vom 5. März 2021). Der Bundestag hat heute für Änderungen des Infektionsschutzgesetzes gestimmt. Darin sind unter anderem auch wieder nächtliche Ausgangssperren enthalten.

    1 Als Normenkontrolle wird die Überprüfung von Rechtsnormen bezeichnet in Hinblick, ob sie mit höherrangigem Recht vereinbar sind.

2 Kommentare

  1. „unwirksam“ meint wohl „juristisch nicht exakt“.
    Pandemisch bzw. medizinisch unwirksam waren die Beschränkungen wohl nicht; trotz aller offenen Fragen eines Präventionsparadox‘.

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