Fast ein Jahr lang sind wir nun schon geplagt von Veränderungen, die vorher undenkbar waren. Die Neustadt trifft es nicht nur im Lebensgefühl, sondern auch materiell; viele Unternehhmen machen gerade schwere Zeiten durch. So auch Hostels und Hotels, die seit Monaten privat Reisenden keine Gastfreundschaft mehr angedeihen lassen dürfen. Wir haben uns mit dem Mezcalero, dem Mondpalast und dem Best Western Macrander Hotel über ihre Lage unterhalten.
Abwarten auf aztekisch
Das Gästehaus Mezcalero liegt auf der Königsbrücker Straße. Und irgendwo zwischen Hostel, Hotel und Pension. 60 Personen können hier normalerweise ihr Lager in Einzel-, Mehrbettzimmern oder eigenen Appartments aufschlagen. Von denen sind momentan nur noch vereinzelte Stammgäste übrig, die beruflich hierher pendeln. Selbst das weniger als sonst.
Eher einsame Hallen also, die ihrem 20. Geburtstag im Mai entgegenfiebern. So lange ist es schon her, dass Marion Murer gemeinsam mit Ralph Gaigl das Mezcalero ins Leben rief. Die beiden waren für ein Stuttgarter Unternehmen nach Dresden gekommen, dachten sich aber dann, man könne ja auch mal was anderes machen.
Das Andere hat dann in Form eines Gästehauses Gestalt angenommen und es geschafft, sich mit der Zeit zu etablieren. Die Pandemie traf also immerhin auf eine gefestigte Institution. Trotzdem – mehr als die Hälfte der letzten 12 Monate war geschlossen, so kann es auf Dauer nicht weitergehen. Die Mitarbeiter*innen sind in Kurzarbeit, staatliche Hilfen decken nicht viel mehr als die Miete ab.
„Jetzt wo endlich mal Zeit wäre, ein paar Sachen zu machen, fehlt das Geld dazu“, bedauert Marion. Die Bäder renovieren, das Loch im Hof beseitigen; um das doch noch zu ermöglichen, sucht sie das Gespräch mit dem Vermieter. Hat sich derweilen noch einen anderen Job gesucht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Und, was bleibt auch anderes übrig, wartet ab.
Der Mond scheint auf zuversichtliche Vorbereitungen
Auch im Hostel Mondpalast ist nur ein ungewöhnlich kleiner Teil der 99 Betten besetzt. Direkt auf der Louisenstraße gelegen und mit eigener Bar ausgestattet, findet an diesem Ort normalerweise ein reger Austausch zwischen der Neustadt und der Welt statt. Dazu tragen auch verschiedene Veranstaltungen wie Konzerte, Tanzabende oder Sprachtreffs bei.
Das alles seit nunmehr 23 Jahren. 2018 ging der ehemalige Besitzer in Rente und überließ die Reisenden fortan in der Obhut von Michael Lottes. Ein passender Nachfolger, ist er doch mit Lollis Homestay schon längst fest in der Branche verwurzelt. Und einer, der sich auch von Pandemien nicht einschüchtern lässt.
„Ich glaube, dass die Leute wieder reisen werden wie verrückt“, schaut er positiv nach vorn. Und die Zeit bis dahin verstreicht keinesfalls ungenutzt. Renovierungsarbeiten sind im Gange, Organisatorisches wird aufgearbeitet, die Auszubildende bekommt Gelegenheit, viel zu lernen. Auch die anderen Mitarbeitenden sind zumindest teilweise vor Ort.
Denn es ist noch immer eine bunte Mischung aus Gästen vertreten, die aus allen möglichen nicht-touristischen Anlässen eine Bleibe suchen. Viele von ihnen sogar für längere Zeit, ist doch das Angebot an Wg-Zimmern zur Zwischenmiete stark verschmälert. Neben denen sind es vor allem staatliche Hilfen, die dem Mondpalast helfen, durch den Corona-Sumpf zu waten, hin zu trockeneren Ufern.
Geschäftsgäste dank Chipproduktion
Mit einer Auslastung von ca. 50 Prozent steht das Best Western Macrander Hotel da im Vergleich schon recht gut da. Das liegt daran, dass es seit je her überwiegend von Geschäftsreisenden frequentiert wird. Vor allem die Chip-Industrie und deren Zulieferer im Norden Dresdens sorgen für eine regelmäßige Belegung eines Teils der insgesamt 85 Zimmer.
Durch die coronabedingte Zwangsdigitalisierung gibt es auch und vor allem jetzt noch immer ein reges internationales Publikum im 4-Sterne-Hotel. Wodurch es zu einem sehr sicheren Ort wird; die meisten Einreisenden müssen in Deutschland einen negativen Test vorweisen. Nach fünf Tagen auf der eigens eingerichteten Quarantäne-Etage des Hotels einen zweiten.
Die geschäftlich Logierenden bleiben oft mehrere Wochen. Sie teilen sich das Gebäude mit Studierenden, die einzelne Zimmer gemietet haben. So gibt es für die Hotelangestellten immerhin noch Arbeit und sie müssen nicht monatelang zuhause bleiben und vom Kurzarbeitsgeld leben. Das war dem Geschäftsführer Johannes Lohmeyer besonders wichtig, auch um die Mitarbeiter*innen nicht zu verlieren.
Bisher ist das Team auch fast vollständig geblieben. Und das Unternehmen aus finanzieller Hinsicht ausreichend abgesichert. Mehr zu schaffen als die pandemischen Herausforderungen macht Lohmeyer, der auch im Dresdner Tourismusverband sitzt, die eher zweifelhafte Kompetenz der Politik bezüglich des Krisenmanagements. Ansonsten versucht er, seinen Gästen den Aufenthalt so normal wie möglich zu gestalten.
Normal – das wider alles Erwarten zum Sehnsuchtsbegriff erhobene Attribut, das tröstlich banal am Zukunfsthorizont flimmert. Hoffentlich, auch im Sinne der Hostel- und Hotelbetreibenden, bald greifbarer.