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Die Argo und die Neustadt

Auf der Sebnitzer Straße hat die Argo ein altes Haus übernommen. Es ist nicht das einzige in Dresden. Anstatt lang beanstandete Mängel in Angriff zu nehmen, werden der Hausflur geweißt, Schlösser ausgetauscht und Mieten erhöht, beklagen die Mieter*innen.

Die Liste der Mängel im Haus war schon unter der vorhergehenden Hausverwaltung lang, erzählen R., K. und E. Sie teilen sich eine Wohnung in einem teilsanierten Altbau an der Sebnitzer Straße. Schwarzer Schimmel an den Innenwänden, schlechte Dämmung der Wände, ein unbenutzbares Bad, nasse Keller, zu wenige Mülltonnen und  unbeendete Bauarbeiten in Wohnungen. „Dies sind nur ein paar Beispiele, sicher haben andere Wohnungen auch noch einige Anliegen.“

Hausflur eines Argo-Hauses auf der Sebnitzer Straße. Foto: privat
Hausflur des Hauses auf der Sebnitzer Straße. Foto: privat

Weißer Flur, schwarzer Schimmel

Seit September gehört das Haus auf der Sebnitzer Straße der Zinshaus Dresden b.v. und der Argo Properties N.V. Die hat ihren Sitz in den Niederlanden, gibt aber als Ansprechpartner für Mieter*innen in Deutschland Büros in Leipzig, Dresden und Magdeburg an. Als Verwalterin fungiert das Tochterunternehmen Argo Residential. Auf ihrer Webseite kündigt sich die Immboilienfirma als „aufstrebendes Unternehmen“ an, das in „wachsende Städte investieren“ will.

Die Vorbesitzerin, ein Tochterunternehmen der Apollo, reagierte nicht auf die Mängel im Haus. „Aber da hatten wir das Gefühl, die lassen uns wenigstens in Ruhe“, sagt R. Ein stillschweigendes Appeasement. Jetzt kommen Sorgen und Ängste im Haus auf.  Denn mit einer sehr knappen Vorlauf von drei Tagen hat die Argo vor dem Jahreswechsel den charakteristisch gestalteten Hausflur streichen lassen. „Am Freitag wurde das angekündigt, am Montag durchgeführt“, sagt R.

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Die Mieter*innen haben die Befürchtung, dass ohne Rücksprache schnelle kosmetische Sanierungen vorgenommen werden, um langfristig die Mieten erhöhen zu können. Der alte Zustand des Hausflurs, sagen die drei, schien einen wesentlichen Einfluss auf ihre bisher erschwinglichen Mieten gehabt zu haben: „Bekannte wohnen auch in einem Argo-Haus. Dort liegt der Quadratmeter-Preis jetzt bei zehn Euro.“

Einigkeit über zweifelhafte Prioriäten

Zahlreiche Graffiti-Schriftzüge prägten den Flur vor der Renovierung. Die einen hielten ihn für legendär, die anderen für schmuddelig. „Die Meinungen zur Ästhetik des Flurs gehen auseinander“, sagt R. Einig sei man sich in der Hausgemeinschaft aber gewesen, dass die Argo fragwürdige Prioritäten setze. Im Anschluss an den Anstrich wurden die Schlösser ausgetauscht. Für die Schlüsselübergabe wurden den Mieter*innen an einem Tag zwei Zeitfenster von je 30 Minuten eingeräumt – zur Übergabe sei die Mitarbeiterin 45 Minuten zu spät gekommen.

Hausflur eines Argo-Hauses auf der Sebnitzer Straße. Foto: privat
Hausflur eines Argo-Hauses auf der Sebnitzer Straße. Foto: privat

Anschließend erfolgte von Seiten der Argo schriftlich die Ankündigung, die Kosten auf die Mieten umzuschlagen, sollten erneut Maler-Arbeiten erforderlich sein. Im Vorfeld seien bereits Wohnungs-Bewerber*innen durch eine Mitarbeiterin herumgeführt worden. Diese habe sich für den „schrecklichen Zustand des Flurs“ entschuldigt und baldige Besserung gelobt. Das sei bekannt, weil es sich bei den Interessenten um Freund*innen des Hauses gehandelt habe.

„Warum werden wir nicht gefragt?“

Die Mieter*innen standen vor einem Dilemma: Wenn sie nötige Sanierungen einfordern, könnte eine Komplettsanierung und damit der Verlust des Wohnraumes drohen. „Lieber keine schlafenden Hunde wecken“, sei das Motto einiger Menschen der Hausgemeinschaft gewesen. Andererseits habe die Argo bereits höhere Mieten eingefordert und nichts für eine angemessene Wohnqualität getan. In die Bewohnerschaft des Hauses kam Bewegung. Man schrieb kurzfristig einen Brief.

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Dort wird der Wunsch nach Partizipation laut: „Über Kunst und Geschmack lässt sich streiten – so auch in unserer Hausgemeinschaft. Einig sind wir uns in dem Punkt, dass wir uns wünschen, in eine Gestaltung unseres Lebensraumes einbezogen zu werden. Eine Gestaltung wie wir alle als Hausgemeinschaft es vertreten können. Die Umlage zukünftiger Kosten können wir nur sehr kritisch hinterfragen, denn jede*r von uns weiß, dass wir nur recht wenig Einfluss auf die Verschönerungsbemühungen anderer haben. Wir wohnen und leben hier, wir gehen jeden Tag durch dieses Treppenhaus. Warum werden wir dann nicht gefragt, was wir wollen und was das Haus wirklich benötigt?“

Viele Häuser, große Verantwortung, wenig Engagement?

Anfang September hatte die Hausgemeinschaft eigenen Angaben nach alle Schäden und Beeinträchtigungen an die Argo gemeldet. Eine Antwort habe sie nicht erhalten. Eine Mitarbeiterin des Unternehmens sei kurz vor den Maler-Arbeiten zur Begutachtung des Hauses aufgetaucht und sichtlich erschrocken über den Zustand gewesen, berichten Bewohner*innen. Von einer Mängelliste habe sie nichts gewusst. Die Mitarbeiterin selbst habe von Unterbesetzung gesprochen: „Es ist momentan total Chaos bei uns.“ Die Bewohner*innen nutzten die Gelegenheit, ihre Mängelliste persönlich zu überreichen.

Hausflur eines Argo-Hauses auf der Sebnitzer Straße. Foto: privat
Hausflur eines Argo-Hauses auf der Sebnitzer Straße. Foto: privat

Ein weiterer Bewohner des Hauses hat gegen die eingegangene Forderung einer 15-prozentigen Mieterhöhung einen 21-seitigen Widerspruch verfasst. Darin sind sämtliche Mängel aufgelistet. In seinem Schreiben betont er seine Hoffnung auf ein friedliches Bestehen des Mietverhältnisses, mahnt die Pflichten der Vermieter an und kritisiert das Verhalten der neuen Hausverwaltung moralisch: „Viele Menschen müssen sich gerade mit ganz anderen ernstzunehmenden Problemen herumschlagen und haben deshalb gar keine zeitlichen, finanziellen und nervlichen Kapazitäten, sich plötzlich auch noch mit einer neu auf den Plan getretenen Hausverwaltung auseinanderzusetzen, die gleich mit einer enormen Mieterhöhung ins Haus fällt und damit droht, ihre Mieter zu verklagen.“ Bis zur erbetenen Frist am 13. November hier keine Rückmeldung ein.

Schleichende Entmietung durch Verfall?

„Das Verhalten der Argo wirkt auf uns dubios“, sagt R. Einunddreißig Objekte gehören dem Unternehmen in Dresden, sieben davon in der Neustadt, eins davon ist das „blaue Haus“ an der Eschenstraße.

Auch von dort werden kritische Stimmen laut: Die Mieter*innen haben neben alten Strom- und Wasserleitungen und einer alten Wasserpumpe insbesondere mit einem maroden Dach zu kämpfen. Die Nebenkosten seien gestiegen, die Rechnungen dazu falsch ausgestellt: „Die Argo rechnet Leistungen in den Nebenkosten ab, welche nie erbracht wurden, z.B. Gartenpflege“, lautet ein Vorwurf. Eine Wohnung im blauen Haus habe der Vermieter oberflächlich renovieren lassen und die Miete dann um 100 Euro erhöht.

Die Argo nach einer zweiten Anfrage: „Aktuell ist uns kein Einregenschaden in Dachgeschosswohnungen in unseren Objekten in der Neustadt aufgrund eines undichten Daches bekannt.“

„blaues Haus“ auf der Eschenstraße

Reißleine: Mieterschutzbund und Rechtsbeistand

„Wir werden hier auf unseren bestehenden Mietverträgen hocken, solange wir können und wollen und dann wird das Haus durchsaniert und die Mieten 200 Euro teurer. Das ist der langsame Tod vom blauen Haus“, zieht eine Mieterin bittere Bilanz.

Die Mieter*innen des Hauses an der Sebnitzer Straße haben mittlerweile Hilfe beim Mieterschutzbund eingeholt und einen Anwalt eingeschaltet. Die Argo reagierte und schickte zur Begutachtung der Mängel einen Mitarbeiter vorbei. Rene Deschner von der Argo Dresden schreibt in seiner Mail dazu: „Unbenutzbare Sanitäranlagen – hier ist uns aktuell nur ein Fall bekannt. Es handelt sich um einen Wasserschaden, welcher durch die Versicherung reguliert wird. Der Schaden entstand, bevor wir zuständig waren und wird jetzt weiter durch uns bearbeitet. Ebenfalls fand ein Vor-Ort-Termin statt, bei dem das weitere Vorgehen der Instandsetzungsmaßnahmen besprochen wurde. Die Wohnung verfügt allerdings über zwei Bäder, so dass hier zu jeder Zeit sanitäre Anlagen zur Verfügung stehen.“

Hausflur eines Argo-Hauses auf der Sebnitzer Straße. Foto: privat
Hausflur eines Argo-Hauses auf der Sebnitzer Straße. Foto: privat

Einer ersten Einschätzung nach sind an zwei Außenwänden aufgrund des Schimmels umfangreichere Sanierungen nötig, berichten die Hausbewohner*innen von dem Termin. Kleinere Reparaturen wurden zugesichert. „Wir stellen uns jetzt halt die Frage, ob die Argo nun sanierern will und sich das überhaupt leisten will und kann. Darauf werden wir wohl erst in einiger Zeit eine Antwort erhalten und hoffen sehr, dass wir wohnen bleiben können“, sagt R.

Deschner argumentiert: „Nach Mängelmeldungen nehmen wir Kontakt mit den Mietern auf, um einen Vor-Ort-Termin zu vereinbaren, nach Inaugenscheinnahme der Mängel werden entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Reparaturstau, welcher vielleicht teilweise bei den Voreigentümern über Jahre entstanden ist, kann von uns nicht innerhalb weniger Monate abgestellt werden.“

7 Kommentare

  1. …aufpassen, wenn bessere Dämmung der Aussenwand gefordert wird… Ihr bekommt in Folge EPS (andere Dämmsorten sind noch teurer) an die Hauswand gezimmert, die energetische „Sanierung“ legt sich dann übel auf die Miete… Heizkosten bleiben gleich…

    Besser Schimmel (wenn kein Wasserschaden) entfernen und Oberflächentemperatur (mehr heizen / Lüften /
    relative Luftfeuchtigkeit senken) anheben…
    (Stichwort Taupunkttabelle)

    Treppenhaus hatte es ja mal nötig… :-)

  2. @b
    …dann wird mittels EPS (Expandiertes Polystyrol) tüchtig Gewinn je Aktie (EPS) gemacht… Dämmen hilft dem Mieter nicht…!

    ;-)

  3. Eine Mitgliedschaft beim Mieterverein Dresden und Umgebung e. V. Kann ich nur jedem Mieter mit kleinen und großen Problemen empfehlen… Kostet im Jahr fast nix, man hat immer eine super gute rechtliche und fachliche Beratung und im Notfall eine rechtliche Vertretung wenn es hart auf hart kommt… Hat mir schon einige Mieterhöhungen erspart, bzw. Kosten reduziert und gibt ein gewisses Selbstvertrauen gegenüber großen Immobilienunternehmen, die „ausversehen“ sich immer zu ihrem Vorteil verrechnen

  4. Hallo….wir sind auch Mieter von der argo .soeben wurde mein Gespräch von einer Mitarbeiterin beende weil ich etwas laut geworden bin. Man wisse nix von uns .Es gab mehrfach schrift vergehr ( schriftlich) per Mail wird garnicht geantwortet. Wär Interesse hat kann sich gerne bei uns melden. LG Sandra D.

  5. Die Argo macht das in anderen Stadtteilen ähnlich. Auffallend sind die Unfreundlichkeit und (scheinbare) Inkompetenz der Hausverwaltung. Bei telefonischen Anfragen wird vertröstet oder sogar direkt gelogen („Sie sind die erste im Haus die sich beschwert.“). Selbst auf schriftliche Anfragen kommt oft keine Antwort. Hier liegt die Vermutung nahe, dass Mieter abgeschreckt werden sollen um irgendwann entnervt aufzugeben.
    Sinnlos-Sanierungen, welche nur die Miete steigern sind Gang und Gebe. Bei vielen Objekten wurde eine teure Klingelanlage mit Kamera installiert, obwohl die alte Anlage noch funktioniert hat.
    Der Geschäftsführer der Argo kennt sich aus, saß für die CDU Chemnitz im Stadtrat und war Aufsichtsrat eines großen kommunalen Wohnungsunternehmens. Da würde es nicht verwundern, wenn er entsprechende Kumpels in Politik und Verwaltung hat, die ihm den Weg frei machen.

    Ich habe den Eindruck, dass die Argo keinerlei Interesse hat auf die Bedürfnisse von Mietern einzugehen. Hier geht es wohl nur um Renditemaximierung.

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