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Von kleinen Unwahrheiten und großen Märchen

Es war einmal ein friedlicher kleiner Stadtteil. Jahr für Jahr versammelten sich die Bewohner zu einem Feste. Gesetze wurden gemacht, Geld eingeführt und jeder Bürger bekam einen Pass. Jeder soll Spaß haben und kräftig feiern. Jahr für Jahr wurden die Feierlichkeiten größer und lauter.

Eines schönen Tages trat ein preußischer Junker auf den Plan und verkündet, dass dieser kleine Stadtteil zu Höherem geschaffen sei. Von diesem Tage an nahm er die Organisation des Festes in die Hand, und es wurde noch größer und noch lauter. Die Bewohner des Stadtteils blieben weg, dafür kamen aber viele andere aus der Stadt und den Provinzen. Anno 2000 waren es über 100 000, die sich Alkohol, Bratwurst und Vergnügen hingaben. Ein Jahr später kamen noch mehr, der kleine Stadtteil quoll förmlich über. Zufrieden schritt der preußische Junker mit seinen Rittern durch die geschmückten Straßen. Bunte Stände boten allerlei Waren feil und Musikanten aus den angrenzenden Ländern sorgten für Unterhaltung. Duft von Gegrilltem und Verbranntem durchzog die engen Gassen des Viertels.

Nur hatte der Junker die Rechnung ohne den bösen Wolf gemacht. Am Sonntag des Festes stürmte er mit seinen grünen Jägern mitten in die Festgesellschaft. Die schlugen wahllos auf die Besucher ein, um dem fröhlichen Treiben ein schnelles Ende zu setzen. Tags darauf waren schlimme Bilder im ganzen Land zu sehen. Jeder musste denken, dass der kleine Stadtteil voller unfolgsamer Bürger war, die unerlaubt Feuerwälle auf ihren Straßen und Gassen errichteten, um den Wolf zu ärgern.

Der Junker, der für das Fest verantwortlich war, hatte die Nase voll und sagte, dass er nie wieder für die Bürger des Stadtteils etwas organisieren wolle und verließ das Festkomitee. Aufgebrachte Bürger setzten sich zusammen und versuchten zu ergründen, warum das sonst so friedliche Fest plötzlich so brutal geworden war. Auch der Wolf versprach Aufklärung, die Prügeleien der Jäger sollten untersucht werden. Viel wurde geredet und es wurde vertagt. Bis Anno 2002, da packten endlich einige Beiräte des kleinen Stadtteils den Mantel aus, den Mantel des Schweigens, der so groß war, dass alles darunter passte, auch die noch immer aufgebrachten Bürger. Der preußische Junker ist immer noch Vorsitzender des Festkomitees und schwingt wieder Reden und die Rufe nach Aufklärung wurden immer leiser und leiser. Es gibt ja viel zu verteilen und viel zu verdienen bei diesem Fest. Und wie heißt es so schön bei jedem Märchen: Und wenn sie nicht gestorben sind, dann kehren sie noch heute – und zwar unter die Gehsteige der Neustadt.

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