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Filmfest Dresden

Der ganz normale Wahnsinn

In der Bühnenmitte sitzt, mit schreckgeweiteten Augen, John Stiller im Scheinwerferlicht und zweifelt. Er ist der Entwickler des Computerprogramms Simulacron, das die Realität so täuschend echt abbildet, dass sich Fragen nach der Echtheit und Manipulierbarkeit seiner eigenen Welt aufdrängen. Die zwölfte Inszenierung der Frei-Spieler widmet sich in guter alter Science-Fiction Tradition der Frage nach Identität und Illusion, Realität und Fiktion, Künstlichkeit und Menschlichkeit, Kontrolle und Freiheit. Geschickt verzahnt das Stück Motive zweier berühmter Vorlagen: Dem Film Welt am Draht von Rainer Werner Fassbinder und Ken Keseys Roman Einer flog über das Kuckucksnest zu einem ebenso spannenden wie humorvollen Vexierspiel.

Der dystopische Schauder eines aus der Kontrolle geratenen Experiments trifft auf die bittersüße Tragikomik im von der Außenwelt abgeschlossenen Soziotop einer Nervenheilanstalt. “Zentral war für uns die Frage nach der Realität. Schließlich hat jeder seine eigene”, erläutert Dramaturg Stephan Zwerenz. Die Idee zum Stück entstand, als Regisseurin Christiane Guhr ihn um die Bücher Simulacron-3 von Daniel F. Galouye und Keseys One Flew Over the Cuckoo’s Nest bat. Nach der Lektüre war sie begeistert von der Vorstellung, beide Vorlagen miteinander zu kombinieren.

Monopoly im Irrenhaus: Draußen läuft es auch nicht anders
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Herausgekommen ist ein zitatreiches, originell ausstaffiertes Stück mit Tiefgang, Tempo und Komik, in dem jeder der Schauspieler seine Rolle ausfüllt wie ein eigens geschneidertes Kostüm. Das mag an der Praxis der Regisseurin liegen, das Textbuch während der ersten Proben gemeinsam mit den Schauspielern fortzuschreiben und anzupassen. Mit hoher Professionalität und Esprit setzen die sieben SchauspielerInnen den komplexen Stoff um und involvieren den Zuschauer in die mäandernden, teilweise verstörenden Wendungen der Geschichte. Parabelhafte Szenen und Dialoge reihen sich aneinander zu einer vielschichtigen Aufarbeitung der Frage nach Sinn, Ordnung, Gültigkeit, Menschlichkeit und dem eigenen Selbst.

Stephan Zwerenz gesteht nach der gestrigen Aufführung hohes Lampenfieber, denn EXIT : KUCKUCKSNEST hatte nach den ersten Vorstellungen im Labortheater der HfbK seine Premiere im Projekttheater. Das Lampenfieber ist normal. Dass sich die Zuschauer im Anschluss an das Stück in Lobeshymnen auf dem Gehweg ergehen nicht unbedingt. Auf der Straße schiebt ein in Selbstgespräche vertiefter Kuckuck mit einem bunt gefüllten Einkaufswagen vorbei. Der ganz normale Wahnsinn eben.

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EXIT : KUCKUCKSNEST

  • nächste Vorstellungen im Projekttheater am 11. Januar, sowie am 18. und 19. Januar und 21. und 22. Februar um jeweils 20 Uhr

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