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Sprachverwirrung im Orchester

Als man vor der Pandemie noch gemeinsam musizieren durfte, spielte ich Cello in einem wunderschönen Dresdner Amateur-Sinfonieorchester mit.

Was für eine Freude! Endlich hatte ich eine Aktivität, bei der ich mir keine Sorgen um die deutsche Sprache machen musste, denn die Musik ist ja eine internationale Sprache …

Bis Peps verstanden hatte, was gemeint war, hatte die Kapelle das Ständchen schon fertig.Zeichnung: Jean-Pierre Deruelles
Bis Peps verstanden hatte, was gemeint war, hatte die Kapelle das Ständchen schon fertig.Zeichnung: Jean-Pierre Deruelles

Leider war es am Anfang noch schlimmer als bei meinem unentspannten Yoga-Unterricht (dort musste ich mich ständig verbiegen, um zu sehen, was meine Nachbarn machen, bis ich endlich die deutschen Bezeichnungen aller Körperteile auswendig gelernt hatte).

Auch im Orchester musste ich meinen Wortschatz erweitern. Und damit meine ich nicht nur die Namen der Instrumente (nein, „trombone“ sagt man nicht „Büroklammer“, sondern „Posaune“1) oder musikalische Begriffe wie „Takt“, „Pult“, „Bogen“, „Moll“ oder „Dur“. Die gesamte Tonleiter musste ich neu lernen. Denn die Noten im Deutschen sind ja Buchstaben, und sie folgen dem Alphabet, aber nicht ganz, sonst wäre es zu einfach: Statt das französische „do, ré, mi, fa, sol, la, si do“ heißt es hier „C, D, E, F, G, A, H“.

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Na super. Warum nicht auch W oder Z? Was die Vorzeichen „Kreuz“ und „b“ betrifft, so hängt es von der Note ab, die höher oder niedriger gestellt wird: „Fa dièse“ (also F mit Kreuz) nennt man hier „Fis“; „Sol bémol“ (G mit b) sagt man „Ges“. Hilfe! Wochenlang habe ich versucht, die Noten umzulernen. Vergeblich. Heute noch denke ich die Tonleiter „à la française“.

Am schlimmsten ist es, wenn einer der Musiker Geburtstag hat: Er nennt eine Note, und das ganze Orchester beginnt, eine Tonleiter nach der angekündigten Tonalität einstimmig zu spielen. Die absolute Qual: Ich habe kaum Zeit, einen Blick auf meinen Riesenspickzettel mit den deutschen Noten zu werfen, schon sind sie mit dem Geburtstagsständchen fertig.

Die nächste Überraschung: Im Orchester traf ich Anton und Nordpol wieder. Eines Tages hob der Dirigent seinen Taktstock und rief „Olaf!“. Was denn Olaf, wer ist Olaf? Das ganze Orchester hatte angefangen zu spielen. Aber wo in der Partitur waren sie? Kurz danach erhob der Dirigent wieder seinen Taktstock und rief „Zeppelin!“. Zeppelin??? Einige Richards, Birgits und Antons später bemerkte ich, dass die Partitur mit Großbuchstaben in alphabetischer Reihenfolge vermerkt war. Wir spielten nicht ab „Takt 234“, sondern ab dem „O“ wie „Olaf“, der über den zum spielenden Takt stand. Aaah, das war es also.

Ich kann mich nicht daran erinnern, ob meine damaligen französischen Partituren auch nach den Buchstaben des Alphabets aufgeteilt wurden. Sowieso hätte ein französischer Dirigent wahrscheinlich nicht „Olaf“ gerufen, sondern „Olivier“ oder einen anderen französischen Vornamen, der mich weit weniger überrascht hätte.

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Gut, jetzt weiß ich das mit den Buchstaben und ich finde es tatsächlich einfacher als „zweihundertvierunddreizig“ verstehen zu müssen. Nur hilft es mir nicht mit Namen wie „Siegfried“, die mich dazu bringen immer wieder daneben zu spielen. Nicht dass ich schlecht spiele, aber: Schreibt man Siegfried mit einem S oder einem Z?

Am Ende bleiben nur die Musik selbst und ihre italienischen Nuancen (Fortissimo, Pianissimo, usw.) unverändert. Zum Glück. Sonst hätte ich mein Cello gleich wieder einpacken können. Und die Freude an der Musik ist so groß, dass ich es kaum abwarten kann, dass die Corona-Regeln endlich wieder ein gemeinsames Musizieren zulassen, inzwischen hab ich auch ganz brav Noten und Olafs gelernt.

1 Im Französischen wurde die Büroklammer „trombone“ nach dem Musikinstrument, aufgrund ihrer ähnlich gekrümmten Form, benannt.

Die Französin Peps in Dresden - Zeichnung: Jean-Pierre Deruelles
Die Französin Peps in Dresden – Zeichnung: Jean-Pierre Deruelles

Ein Gastbeitrag von Peps, der Französin in der Neustadt. Aus der Reihe “C’est la vie! – Chroniken einer Französin in der Neustadt“. Illustrationen: Jean-Pierre Deruelles. Fortsetzung folgt.

2 Kommentare

  1. ganz niedlich beschrieben, vielen dank, ich habe mich wirklich amusiert beim Lesen
    Barbara / 1. Geige

  2. Toll! Hab Deine Hindernisse beim Spielen weder bemerkt noch gehört! Vielen Dank für Deinen humoristischen Einblick in unser gemeinsames Musizieren! Freue mich auf viele weitere Proben und Konzerte mit Dir!
    Liane, 1. Geige

Kommentare sind geschlossen.