Eigentlich wissen sie gar nicht, warum das Hausprojekt Schwarzes Schaf genannt wird. „Ich glaube, die Gruppe der Besetzer*innen hat sich selbst so genannt“, vermutet Uwe. Er wohnt mit zehn anderen Menschen in der Louisenstraße 44. Einem Hausprojekt, dass vor ungefähr 25 Jahren besetzt und Schwarzes Schaf getauft wurde. Damals gehörte das Haus noch einer Erbengemeinschaft.
Später machte die Stadt Dresden von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch und verpachtete das Haus an den Verein „Schwarzes Schaf“. Jetzt ist es im Eigentum des Immobilienkonzerns Vonovia – so absurd es klingen mag. „Ja, wir wurden zweimal verkauft“, sagt Paul.
Gemeinsam Verantwortung übernehmen
Und gemeinsam Verantwortung übernehmen, muss man im Schwarzen Schaf. Denn im Pachtvertrag mit der Vonovia ist festgelegt, dass sich der Verein als Hausgemeinschaft um das Gebäude zu kümmern hat. Zu den Aufgaben gehören dann alle möglichen Hausverwaltungstätigkeiten. Um all dies zu organisieren, treffen sie sich einmal in der Woche.
Da geht es dann um sowas banales wie Putzdienste oder aber um Baumpflege, Reparaturen, Sanierungen, emotionale Konflikte, die Verlängerung des Pachtvertrags oder die Vermietung der Gewerbefläche.
Neues Konzept für Gewerbefläche gesucht
Letzteres hat momentan besondere Relevanz. Frank Kutschera, der seit über 20 Jahren die Gewerbefläche mietet, schließt seine Teestube. Das Schwarze Schaf sucht deshalb eine*n Nachfolger*in. Dafür kann man sich mit einem Nutzungskonzept beim Hausprojekt bewerben. „Es ist ziemlich frei – jeder kann sich bewerben“, erklärt Lena, „es soll aber etwas sein, mit dem wir uns identifizieren können. Wir wünschen uns einen engen Kontakt mit dem Hausprojekt.“
Das kann zum Beispiel ein gemeinnütziger Verein oder ein Raum für Kulturschaffende sein. „Das Konzept soll die Neustadt bereichern“, so Anton.
Prinzip des Zusammenwohnens: Konsens
Wer aber die Gewerbefläche übernehmen darf, wird das Schwarze Schaf selbst auswählen – da hat die Vonovia nichts zu melden. Die Entscheidung funktioniert wie alles im Hausprojekt per Konsensprinzip. Auch da zeigt sich: Man zieht gemeinsam an einem Strang. Man muss einander zuhören und nachvollziehen, Argumente abwägen, und manches Mal aus der Komfortzone treten.
Teilen steht weit oben
Dass sie aber trotzdem lieber im Hausprojekt wohnen als allein, da sind sich alle einig. Zentraler Ort ist die Küche, der Ort gemeinsamer Unterhaltungen und Kochabende. Das Essen wird meist geteilt. „Wenn ich gerade im Keller werkel und die Glocke klingelt, dann weiß ich, dass es Essen gibt“, sagt Jan lächelnd. Teilen ist dem Projekt sehr wichtig – auch das Teilen des Ortes mit anderen Menschen
„Unser Haus lebt von Besuchern. Das Schwarze Schaf ist auch Dreh- und Angelpunkt für unsere Freunde. Da sind dann schnell mal 30 Menschen hier“, so Lena und Paul ergänzt: „Uns ist es wichtig erstmal für jeden eine offene Tür zu haben, auch für Wandergesellen.“ All das fiel natürlich in Corona-Zeiten weg. Besuche waren auf das Minimalste beschränkt. Die Angst durch eine Quarantänekette mehrere Wochen nicht mehr das Haus verlassen zu können, war einfach zu groß.
„Da sind dann besonders die positiven, aber auch negativen Eigenschaften aller Bewohner aufgefallen“, sagt Paul. „Die Beziehungen sind intensiver geworden.“
Dass aber auch diese Freundschaften immer wieder durchmischt werden, gehört wohl zum Schwarzen Schaf dazu. „Die Wechsel sind schneller geworden“, sagt Uwe und verweist dabei auf die vielem Aus- und Einzüge. Er glaubt, dass es an der heutigen Zeit liegt: Studium, Auslandsaufenthalte, Familienplanung oder Berufswechsel – viele Entscheidungen, die das Haus neu durcheinander würfeln, neue Menschen kommen, altbekannte gehen. Die Hausgemeinschaft wird anders in Frage gestellt.
Und so auch jetzt: Frank Kutschera oder Franki, wie er liebevoll vom Schwarzen Schaf genannt wird, lässt mit dem Teegadrom eine leere Fläche zurück. Eine Fläche, die auch hier das Haus neu zusammenwürfelt.
Mehr Schwarze Schafe?
Zum Schluss bleibt nur noch die Frage vom Anfang. Warum heißt es Schwarzes Schaf? Vielleicht ja auch, weil es eines der wenigen schwarzen Schafe in dem doch sonst durchkommerzialisierten Stadtviertel ist. Und selbst das Schwarze Schaf pachtet vom größten Immobilienkonzern Deutschlands. In einem Viertel, das auch mal als Hausbesetzungsviertel Dresdens galt, gibt es zurzeit in etwa vier Hausprojekte je nachdem wie man es definiert. Klingt nach nicht so viel – Braucht es vielleicht mehr schwarze Schafe?

Weitere Infos zur Gewerbefläche
- Die Gewerbefläche umfasst eine Größe von 43 Quadratmetern und befindet sich an der Louisenstraße 44. Sie ist ab dem 1. Juli frei. Sanitäranlagen sind vorhanden (leider nicht barrierefrei). Die Kaltmiete beträgt 527,83 Euro und wird vom Hausprojekt Schwarzes Schaf e.V. vermietet. Der Mietvertrag wird bis Ende Dezember mit der Möglichkeit einer Verlängerung geschlossen.
- Sie nehmen Bewerbungen per Mail an: gewerbeflaeche-louise[at]web.de.
Es heißt Schwarzes Schaf, weil wir das so wollten….
@Peter: Genau. ;-)