Einen Kaffee in der Neustadt zu trinken, ist momentan gar nicht so einfach. Viele Cafés haben geschlossen oder verkürzte Öffnungszeiten. Kaffee und Kuchen gibt es, wenn überhaupt, dann nur To-Go. Eine Besserung ist laut Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) möglicherweise ab dem 15. Mai in Sicht. Das Neustadt-Geflüster hat bei drei Cafés an die Tür geklopft und nachgefragt, was sie aus der momentanen Situation machen.
So bietet er von Montag bis Freitag von 10 bis 16 Uhr Kaffee, Kuchen, Soft-Eis und zwei Mittagessen an. Seine 5 Mitarbeiter*innen hat er in Kurzarbeit geschickt und betreibt das Café momentan allein. „Für sie fällt natürlich auch das Trinkgeld weg. Und das macht einen erheblichen Anteil des Einkommens aus. Das alles spielt aber bei der Berechnung des Kurzarbeitergeldes keine Rolle.“
Deshalb hofft Thomas Spura, dass er bald wieder normal aufmachen kann. Trotzdem kann er der Krise auch etwas positives abgewinnen: „Ich fühle mich endlich mal von diesem Druck befreit – immer geöffnet haben zu müssen. Momentan kann ich auch mal durchatmen und mich selbst sortieren.“ Existenzangst habe er nicht, die Zuschüsse für die Fixkosten hat er erhalten.
Café Eckstein bleibt bis auf Weiteres geschlossen
Ganz anders hingegen sieht es im Café Eckstein aus. Dort sind die Türen verschlossen. Nur ein Plakat vom Gastronomenverband Dehoga macht darauf aufmerksam, was sich im Inneren tut. „Wir haben 40 Mitarbeiter*innen aus drei Cafés. Ein Fensterverkauf macht für uns keinen Sinn“, erklärt Luisa Weidel. Neben dem Café Eckstein, gehört auch noch das Café Europa und das Café Continental zur Familie Weidel.
Seit dem 21. März sind alle drei Cafés geschlossen. „In der Neustadt gibt es durch die Bäckereien momentan sowieso ein Überangebt an Kaffee und Kuchen. Aufwand und Nutzen stehen da nicht im Verhältnis. Auf dem Land mag das anders aussehen, aber hier macht das wirtschaftlich keinen Sinn.“ Und auch die Nutzung von Lieferangeboten lohne sich für das Café nicht. „Da gehen zu viele Prozente ab und wir müssten die Gerichte teurer verkaufen“, sagt Luisa Weidel.

Ihre Mitarbeiter*innen hat sie deshalb in Kurzarbeit geschickt, die Aushilfen auf 450-Euro Basis musste sie sogar entlassen. Während dieser Schließzeit haben sie einige Renovierungen durchgeführt.
„Lange halten wir das nicht durch“, sagt Luisa Weidel.
Da sie mehr als 10 Mitarbeiter*innen habe, entfalle für sie der Bundeszuschuss. Um ihre Existenzangst kundzutun, hatte sich die Gastronomin deshalb mit anderen Gastwirt*innen zusammengeschlossen. Gemeinsam machten sie am 17. April 2020 mit über 1.000 leeren Stühle am Dresdner Altmarkt auf die Not für Gastronomie, Hotels und Events aufmerksam. Zeitgleich wurde ein offener Brief der Gastronom*innen an die Landesregierung mit all ihren Bitten übergeben.
Darin wurde auch die langjährige Forderung nach der Absenkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent genannt. Einige Forderungen wurden seitdem vom Landtag beschlossen. Auch an den letzten beiden Freitagen hat die Aktion „Leere Stühle“ auf dem Dresdner Neumarkt eine leere Tafel aufgetischt. Mittlerweile gab es die Aktion in über 70 deutschen Städte.

Doch nicht nur um die finanzielle Lage sorgt sich Luisa Weidel: „Ich mache mir um die Leute Sorgen, die jeden Tag kommen und hier ihre Zeitung lesen, einen Kaffee oder ein Bier trinken. Für sie sind wir manchmal der einzige soziale Kontakt.“ Denn auch sie ist der Meinung, dass ein Café eben nicht nur Kaffee und Kuchen habe, sondern ebenso den sozialen Aspekt erfülle. „Uns wurde hiermit ein Kulturgut genommen. Das gab es noch nie. Selbst im Krieg hatten Kaffeehäuser geöffnet, um den Menschen die Möglichkeit zu geben, in eine andere Welt zu tauchen.“ Luisa Weidel ist besorgt und wird auch die kommenden Wochen am Freitag mit anderen Gastwirt*innen leere Stühle in die Dresdner Innenstadt stellen.
Im Café Sperling gibt´s weiterhin selbstgebackenen Kuchen

Auch Julia Rothe, die Besitzerin vom Café Sperling unterstützt die Aktion „Leere Stühle“. Doch wenn die anderen Gastwirt*innen gerade ihre Stühle auf den Markt stellen, muss sie Kuchen backen. Freitag, Sonnabend und Sonntag bietet sie selbstgebackenen Kuchen, Bagels, Kaffee und weitere Getränke zum Mitnehmen an. „Wir sind eine ganz andere Hausnummer. Ich schmeiße den Laden allein mit einer Aushilfskraft.“ Seit Ostern hat sie den kleinen Caféladen wieder aufgemacht. „Es war vorher echt komisch, plötzlich am Sonntag zuhause zu sein und nicht im Laden Kuchen zu backen.“
Deshalb habe sie auch beschlossen zumindest am Wochenende zu öffnen. „Zwar ist es wirtschaftlich nicht wirklich sinnvoll, aber mir tut es gut, dass ich hinter der Theke stehen kann.“ Seitdem sie die Zuschüsse für die laufenden Fixkosten erhalten habe, könne sie auch wieder besser schlafen. Da das Café Sperling ein sehr kleines Unternehmen ist, konnte sie die Bundeszuschüsse erhalten. „Mir geht es nicht so schlecht.“ Zwar dürfe das jetzt nicht noch ein halbes Jahr weitergehen, aber momentan habe sie keine Existenzangst.
Kaffee und Kuchen gibt es also noch in der Neustadt. Nur auf das Flair von klirrenden Tassen, ruhiger Jazz-Musik und leisem Hintergrundgemurmel muss man noch eine Weile verzichten. Nach Wirtschaftminsiter Martin Dulig (SPD) könnte aber auch dies bald wieder zu hören sein. So schlägt eine Wiederöffnung von Cafés unter strengen Auflagen ab dem 15.Mai vor.
Was sich jedoch gezeigt hat: Café heißt nicht gleich Café. Die Corona-Krise trifft die Cafés unterschiedlich hart. Nicht jedes Café hat dieselben Ängste und Herausforderungen. Zwar scheinen sie durch die Krise ein Stück näher zusammengerückt, doch umgehen muss jedes trotzdem auf seine Art und Weise.
Café Eckstein
Das Café Eckstein hat bis auf Weiteres geschlossen. Weitere Infos siehe: www.cafe-eckstein-dresden.de
Café Sperling
Das Café Sperling hat momentan Freitag, Sonnabend und Sonntag von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Weitere Infos siehe: www.sperling-cafe.de
Café Neustadt
Das Café Neustadt hat momentan von Montag bis Freitag von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Weitere Infos: www.facebook.com/cafeneustadt