Seit im Jahr 1857 der erste Fußballklub gegründet wurde, hat sich der Sport international zu einem Massenphänomen entwickelt. In Deutschland ist der Fußball die mit Abstand beliebteste Ballsportart. Mehr als 14 Millionen Menschen ab 14 Jahren spielen hierzulande zumindest gelegentlich Fußball, viele davon beginnen bereits in der Kindheit, sobald sie laufen können. Doch sogar unter jenen Männern, Frauen und Jugendlichen, welche nicht selbst den Ball treten, finden sich mittlerweile zahlreiche Fußballfans: Mehr als 24 Millionen Menschen in Deutschland ab 14 Jahren interessieren sich für den Sport und verfolgen die Bundesliga oder internationale Turniere. Insgesamt kommt die deutsche Bundesliga so auf rund 2,3 Milliarden „Views“ pro Saison – also Zuschauer bei allen Spielen sowohl live als auch über das Fernsehen, Internet & Co.

Internet spielt im Fußball eine immer größere Rolle
Damit ist ein wichtiges Stichwort gefallen. Denn neben dem steigenden Interesse an der Sportart, lassen sich in den vergangenen Jahren noch weitere Veränderungen bei den deutschen Fans beobachten. Die sogenannte „Fankultur“ passt sich an die Digitalisierung an und die Zuschauer verfolgen die Spiele vermehrt über Streams im Internet. Sie werden somit unabhängiger von den Übertragungen im Fernsehen, was sich auch auf den Verkauf der entsprechenden Rechte auswirkt. Das bekannteste Beispiel ist die Champions League, die sogenannte Königsklasse. Hier verzichteten die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in der Saison 2018/2019 erstmalig auf die TV-Rechte.
Stattdessen werden die Spiele ausschließlich im Pay-TV über den Anbieter Sky sowie das Livestreaming-Portal DAZN übertragen. Die Folge: Die Zuschauerquoten stürzten um 84 Prozent ab. Das lag aber weniger am Medium Internet als an dem frühen Ausscheiden der deutschen Mannschaften sowie den Kosten für das Streaming – denn die Spiele via DAZN zu verfolgen, ist gebührenpflichtig. Die Fernsehsender sehen die Zukunft dennoch im Internet, denn Streams werden auch abseits der Fußballpartien in Deutschland immer beliebter und viele Haushalte verzichten mittlerweile sogar gänzlich auf das lineare Fernsehen via Kabel oder Satellit.
Bundesliga irgendwann nur noch online?
Eine aktuelle Studie kam demnach zu dem Ergebnis, dass Streaming-Anbieter in Zukunft das traditionelle Fernsehen ablösen werden – was ebenso für den Fußball gilt. Dementsprechend wird es Übertragungen von Spielen der Bundesliga oder auch internationalen Turniere mit großer Wahrscheinlichkeit irgendwann nur noch online zu sehen geben. Die Vorteile liegen auf der Hand: Weniger bis überhaupt keine Werbung und die Möglichkeit, frei zu bestimmen, wann die Nutzer welche Inhalte sehen möchten. Sie können auf Pause drücken, zurückspulen oder am nächsten Tag weitersehen, wenn sie eingeschlafen sind. Das Streaming bietet deutlich mehr Individualität und Freiheit.
Was es allerdings in Zukunft brauchen wird, damit die Akzeptanz größer ist als bislang bei DAZN, sind finanziell attraktive Lösungen wie günstige Abonnements oder die Möglichkeit, einzelne Inhalte auszuwählen und sozusagen pro Stream zu bezahlen.

Sportwetten verändern den Fußball
Doch das Internet stellt längst nicht nur die Gewohnheiten der Fußballfans auf den Kopf, wie sie die Spiele ihrer Lieblingsmannschaften verfolgen. Stattdessen etabliert sich um das Phänomen der Sportwetten in den vergangenen Jahren eine ganz neue Art der Fankultur. Während es vor wenigen Jahren noch eher ungewöhnlich war, auf ein Spiel der Bundesliga Wetten abzuschließen, hat sich das mittlerweile geändert: Mit einer der bekanntesten Fußballligen der Welt – der Bundesliga– setzen die Anbieter pro Jahr rund 40 Milliarden Euro im Bereich der Sportwetten um, Tendenz steigend. Dass sich plötzlich ein regelrechter Boom um die Sportwetten entwickelt, hat zwei verschiedene Ursachen: Einerseits haben rechtliche Veränderungen im Sinne einer Legalisierung den Weg frei gemacht für Sportwetten, sowohl online als auch offline. Die Fußballfans lassen sich also nicht mehr länger von einer gesetzlichen Grauzone verunsichern. Andererseits spielt auch hier die Digitalisierung eine tragende Rolle: Das Wetten auf Fußballspiele wird dank Internet immer einfacher. Es wird zum sozialen Ereignis, sozusagen einem „Wettstreit“ mit den Freunden, wer die Ergebnisse am besten vorhersagen kann. Oder die Zocker versprechen sich hohe Gewinne und versuchen, anhand von Quoten und Prognosen für die anstehenden Bundesliga-Spiele ihre Wetteinsätze bestmöglich zu platzieren. So oder so, gehören Sportwetten mittlerweile fest zur deutschen Fußball-Fankultur und werden weiter in ihrer Beliebtheit steigen, da sind sich die Experten sicher.
„Gemeinsam statt einsam“ liegt im Trend
Die fortschreitende Digitalisierung bedeutet aber keinesfalls, dass die deutschen Fußballfans fortan nur noch alleine vor dem Fernseher, Laptop, Tablet & Co sitzen werden. Wie bereits erwähnt, werden die neuen Möglichkeiten wie der Trend zu Sportwetten auch als Aufhänger für soziale Interaktionen genutzt – das gemeinsame Wetten zum Beispiel oder zusammen die Spiele zu verfolgen, sei es in den eigenen vier Wänden mit Gästen oder beim sogenannten „Public Viewing“. Der Hype um die öffentlichen Liveübertragungen von Spielen hat sich erst im Jahr 2006 rund um die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland entwickelt. Wer keine Karten mehr für die Stadien ergattern konnte oder sich das Geld sparen wollte, fand sich kurzerhand mit anderen Fans auf öffentlichen Plätzen zusammen, um gemeinsam bei den Spielen mitzufiebern und zu jubeln. Seitdem ist das Public Viewing aus der deutschen Fußball-Fankultur nicht mehr wegzudenken, nicht nur bei internationalen Turnieren wie der WM oder EM, sondern vermehrt auch bei Matches der Bundesliga, Champions League oder anderer Wettbewerbe.
Dresden wieder vermehrt mit Gewalt konfrontiert
Leider bringen diese Versammlungen von Fußballfans auch Probleme mit sich, welche lange Zeit als “gelöst” galten. Gewalttätige Auseinandersetzungen machen in den vergangenen Jahren wieder vermehrt Schlagzeilen. Nachdem die “Hooligans” im klassischen Sinne kaum noch eine nennenswerte Rolle in der Fußball-Fankultur spielen, sind es in Dresden vor allem die Neonazis, welche regelmäßig für Ausschreitungen sorgen. Sie versammeln sich bewusst bei Spielen von Dynamo Dresden sowie weiteren Vereinen der Region wie dem Chemnitzer FC, um sich eine Art Plattform für die Verbreitung ihrer rechtsextreme Weltanschauung zu kreieren.
Bereits zu Beginn der 1990er Jahre hatte die Dynamo ähnliche Probleme. Damals wurde sie als Folge für zwei Jahre von der UEFA bei Europapokalspielen ausgeschlossen. Eines der Spiele eskalierte sogar so weit, dass es abgebrochen werden musste. Seither hatte sich die Lage eigentlich beruhigt. Dass sich die Fankultur nun wieder zurück in Richtung Nazi-Propaganda und Gewalt entwickelt, ist also eine negative Entwicklung – welche nicht nur im Fußball zu beobachten ist. Sie geht stattdessen Hand in Hand mit einem Rechtsruck in der Politik. Neu ist hingegen, dass der Fußballsport politisch “missbraucht” wird und beispielsweise bei Neonazi-Demonstrationen in Dresden auch das Dynamo-Logo zu sehen ist.
Fazit: Jede Medaille hat zwei Seiten – auch die Fankultur
“Peu à peu verändert sich etwas”, fasst der Fanbeauftragte Marek Lange zusammen. Die Fankultur im Fußball ist nicht mehr dieselbe wie noch vor wenigen Jahren. Vor allem in Dresden hat das zunehmend zu Problemen geführt. Dennoch sind nicht alle Entwicklungen negativ, sondern jede Bewegung erwirkt bekanntlich eine Gegenbewegung. Erste Faninitiativen rufen bereits dazu auf, sich gegen den Missbrauch des Fußballs für die Verbreitung einer rechten Weltanschauung oder Gewalt zu stellen. Auch die Dynamo bleibt nicht untätig und positioniert sich klar gegen die Fans aus der Neonazi-Riege. Schlussendlich lässt sich nur ein Fazit festhalten: Die Fußball-Fankultur in Deutschland befindet sich aktuell im Wandel. Viele der Entwicklungen sind harmlos und haben in erster Linie mit der Digitalisierung zu tun. Beobachten lässt sich zudem, dass immer mehr Frauen Interesse am Fußballsport zeigen und diesen passiv verfolgen oder sogar selbst aktiv werden, indem sie sich als Spielerin in einem Verein anmelden. Allerdings gibt es eben auch eine Kehrseite der Medaille und diese macht sich vor allem – wenn auch nicht ausschließlich – in Dresden bemerkbar: Der Trend geht zurück zu politischer Propaganda und Gewalt unter den Fans, obwohl dieses Problem lange Zeit als eliminiert galt. Die Fankultur scheint sich also nicht nur „vorwärts“ zu entwickeln, sondern leider im negativen Sinne aktuell auch Rückschritte zu machen. Es bleibt somit spannend, wie die Zukunft der Fußball-Fankultur aussehen wird…