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Ostergruss von Julia Hartl

Wie der Kommerz in die BRN kam

Die Kasse ist leer, die Bierkästen auch. Mir treibt die Wut eine Zornesfalte in die Stirn. Doch keiner ist da, den ich anschreien könnte. Im Hof sitzen fremde Leute. Der Bursche, der eigentlich das Bier verkaufen sollte, schnarcht volltrunken in einer Ecke. Grimmig beginne ich, das Leergut einzusammeln. Vier Kästen werden voll, die packe ich auf einen Leiterwagen und ziehe los.

Auf dieser kurzen Strecke nahm der Kommerz seinen Anfang.
Auf dieser kurzen Strecke nahm der Kommerz seinen Anfang. Foto: Lothar Lange
Wir schreiben das Jahr 1992, auf den Straße der Neustadt wurde zum dritten Mal die Bunte Republik gefeiert. Mit ein paar Freunden besetzten wir spontan ein Haus auf der Louisenstraße. Die Wachtmeister hatten auch schon vorbei geschaut und freundlich darauf hingewiesen, dass wir bitteschön am Montag wieder verschwunden sein sollen. Wir nickten eifrig und fühlten uns geduldet.

Die richtige und erfolgreiche Besetzung des Hauses sollte erst später im Jahr erfolgen. Wir verstanden uns als Instandbesetzer. Ziel war, das leerstehende Haus wieder bewohnbar zu machen. Und die knappen finanziellen Mittel wollten wir durch den Verkauf von Gerstensaft etwas aufpeppen. Soweit der Plan.

Nun stehe ich vor den Scherben unserer Anfangsinvestition. Jeder hatte einen Zehner gegeben und wir hatten das Bier gekauft. Doch irgendwie hat das mit dem Verkaufen nicht funktioniert. Wie ich später erfuhr, hatte der inzwischen schnarchende Mitstreiter sämtliche Vorräte verschenkt.

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Mit dem Leergut im Leiterwagen mache ich mich auf dem Weg. Ein paar Schritte die Straße hinunter befand und befindet sich auch heute noch die Familien-Einkehr Hebeda’s. Damals allerdings gab es im hinteren Bereich der Gast-Wirtschaft noch einen Straßenverkauf. Für kleines Geld tausche ich mein Leergut in volle Flaschen und zuckele zurück zur Louisenstraße.

Ich komme nicht weit. Denn inzwischen tummeln sich auf der Rothenburger Straße jede Menge Menschen, durstige Menschen. Mit einer riesigen Gewinnspanne verkaufe ich das Bier für zwei Mark. Es wird mir förmlich aus den Händen gerissen. Bis zur Ecke an der Louisenstraße sind meine vier Kästen wieder leer. Ich kehre um, schnappe mir das herumliegende Leergut und trotte zurück zum Hebeda’s.

Die Rothenburger Straße Anfang der 1990er Jahre. Foto: Lothar Lange
Die Rothenburger Straße Anfang der 1990er Jahre. Foto: Lothar Lange
Nach etwa zwei Stunden habe ich von diesem Sammel- und Verkauf-Geschäft die Nase voll. Der Gewinn ist insgesamt so hoch, dass jeder seinen Zehner Anfangsinvestition zurück bekommt und trotzdem noch ein erkleckliches Sümmchen den Weg in die Sanierungskasse findet. Das sollte uns später bei der Reparatur der sanitären Einrichtungen von Nutzen sein.

Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.

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War früher alles besser?

  • Als kleine Erinnerungsstütze an die frühen 1990er Jahre veröffentliche ich in loser Folge ein paar Geschichten über die wilde Zeit von damals.
  • Die Fotos auf dieser Seite wurden zur Verfügung gestellt von Lothar Lange. Vielen Dank.
  • Alle Geschichten unter #Früher-war-alles-besser?

Der Leiterwagen holperte über den Fußweg ... Foto: Lothar Lange
Der Leiterwagen holperte über den Fußweg … Foto: Lothar Lange

12 Kommentare

  1. Hahaha … ja der Straßenverkauf bei Hebeda’s … spätestens nach einem Blick auf das fleckige Feinripp-Unterhemd, und den darunter hervorquellenden Bauch des Inhabers dieses Feinschmeckerlokals, hatte man richtig durst! ;)

  2. oooooohhhhhhh….danke für den tollen Beitrag…..s war bestimmt Sterni was damals die Runde machte,und für 2 Mark die Flasche einen guddi Reibach erlaubte(die Flasche kam am Anfang noch unter 50 Pfennig ?!)ich habe mir damals immer warmes Dosenbier gegönnt(das aus dem Lidl—bäh)

    grussi….

  3. …meine erste BRN. Hebedas-Straßenverkauf, überhaupt Hebedas, war damals irgendwie voll daneben und einzige Anlaufstelle fürs günstige Bier abfassen.

  4. @Anton und alle anderen

    Die Seite von Lothar Lange kenne ich. Gibt es irgendwo noch andere Seiten, auf denen die 90er Jahre der Neustadt dokumentiert sind? Ich denke da speziell ans Nachtleben, Innenaufnahmen von damaligen Kneipen etc.. Leider habe ich das damals auch nicht gemacht, lag wohl daran, daß man jedesmal eine voluminöse Analog-Kamera hätte mitschleppen müssen…

  5. Wusstet ihr eigentlich, das der Strassenverkauf übers Treppenhaus eigentlich höchst illegal war? Mich hat sogar einmal die ältere Dame, die diesen Strassenverkauf tätigte, darauf hingewiesen, daß man das bitte nicht breittratschen sollte, das es sowas überhaupt gibt. Sonst wären sicher auch noch andere Kneipen oder Geschäfte darauf gekommen.

  6. noch eine Antwort für …Lenbach…

    Der Haus- und Hoffotograf (im Wortsinn) Günter Starke, heute noch ansässig auf der Louisenstr. 6, hat ein paar wunderbare Fotobände herausgegeben, in denen Momente des Neustädter Lebens Ende der 80er bis Anfang der 90er Jahre mitsamt seinem reichlich vorhandenen morbiden Charmes gespiegelt sind. Sehr zu empfehlen.
    3 Titel von ihm sind übrigens in der Zentrakbibliothek und der Bibliothek Neustadt vorhanden.
    Viel Freude bei der Lektüre

  7. Rothenburgerstraße und Eis Diele Martin, bin 11 Jahre als BRN entstanden ist, Hebedas, Haberland und wir waren jedes Jahr dabei. Sofa raus und Feiern mit allen Nachbarn. Wir Kinder durften lange munter bleiben und helfen. Am Sonntag sind wir mit den Bollerwagen los gezogen und sammelten Flaschen, als Taschengeld Zuschlag. Ach ja….., das war mal.

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